Abgasmanipulationen bei Diesel-PKW: Beamte aus Dobrindt-Ministerium prüften im Mai 2016 detailliert mögliche Bußgelder gegen Autokonzerne!

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Mainz – Beamte des Bundesverkehrsministeriums haben im Mai 2016 detailliert geprüft, wie im Zuge der Dieselabgasaffäre Bußgelder gegen Autokonzerne verhängt werden könnten. Das geht aus einer internen Expertise der Abteilung LA 23 hervor, die unter anderem für das Kraftfahrtbundesamt (KBA) zuständig ist. In dem fünfseitigen Papier, das dem ARD-Politikmagazin “Report Mainz” vorliegt, heißt es, es gebe “die Möglichkeit der Auferlegung einer Geldbuße”. Diese betrage 5000 Euro “pro Fahrzeug”, wenn “ohne gültige Übereinstimmungsbescheinigung” Fahrzeuge feilgeboten würden. Bei der “Abgabe falscher Erklärungen” könne der Bußgeldtatbestand erfüllt sein. Die Geldbuße könne sich gegen den “Händler oder de[n] Hersteller” richten.

Die Beamten beziehen sich dabei unter anderem auf die “Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge”. Anlass für die Prüfung waren damals die Manipulationsvorwürfe gegen FIAT.

Der Verwaltungsrechtler Prof. Martin Führ von der Hochschule Darmstadt, der Gutachter im Abgasuntersuchungsausschuss des Bundestages war, sagte zu der Expertise im Interview mit “Report Mainz”: “Die Juristen von Herrn Dobrindt sagen ganz klar, Fahrzeuge dürfen nur so in Verkehr gebracht werden, wie sie genehmigt wurden. Wer dann eine Abschalteinrichtung einbaut, bewegt sich außerhalb der Genehmigung und dafür ist ein Bußgeld zu zahlen.” Prof. Remo Klinger, Anwalt der “Deutschen Umwelthilfe” sagte gegenüber dem Magazin: “Das ist höchst brisant, dass das aus dem eigenen Hause stammt und die eigenen Hausjuristen aufschreiben, welche rechtlichen Konsequenzen das hat und trotzdem nicht gehandelt wird.”

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lehnt es bisher ab, in eigener Zuständigkeit und im Zusammenhang mit dem Diesel-Skandal Bußgeldverfahren auf den Weg zu bringen. Im Interview mit “Report Mainz” sagte er: “Ich habe sehr deutlich immer formuliert und habe gesagt, dass wir dafür sorgen, dass die Fahrzeuge, die manipuliert sind, in einen ordnungsgemäßen Zustand überführt werden. Und in Deutschland sorgen immer noch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen und Gerichtsverfahren dann im Zweifelsfall für Strafen.” Dazu sagte Prof. Martin Führ: “Er verschweigt etwas Wesentliches und er verschweigt genau das, was in seinem Zuständigkeitsbereich liegt, nämlich Bußgeldverfahren anzustoßen, die nicht von den Gerichten, sondern von den Verwaltungsbehörden verhängt werden.”

In diesem Zusammenhang hatte bereits im vergangenen Dezember die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eröffnet. Die Kommission moniert, dass trotz EU-Vorgaben und trotz verbotener Abschaltprogramme bei Volkswagen die nationale Bestimmungen über Sanktionen nicht angewendet worden seien.

Für Bußgeldverfahren waren bis Ende 2016 die Bußgeldstellen der Länder zuständig, nach einer Gesetzesänderung ist es nun das KBA. Unter Berufung auf die Expertise aus dem Bundesverkehrsministerium hat die “Deutsche Umwelthilfe” nun nach eigenen Angaben das KBA schriftlich aufgefordert, im Fall Porsche tätig zu werden. Bei 22.000 betroffenen Fahrzeugen des Modells “Porsche Cayenne mit 3-Liter-TDI-Motor” ergebe sich eine “Bußgeldhöhe von 110 Millionen EUR”, die gegen die Porsche AG zu verhängen sei.

 

“Report Mainz”, heute, 8. August 2017,

21:45 Uhr im Ersten