Nicht der Diesel ist der Skandal DWV fordert: Politik muss handeln!

 

 

Berlin  – Die deutsche Industriepolitik ist im Begriff, eine einmalige Chance zu verpassen: statt sich mit fragwürdigen kosmetischen Maßnahmen in Bezug auf Dieselmotoren zu beschäftigen, müssen die aktuellen Vorgänge als Sprungbrett in die Zukunft des Verkehrs genutzt werden. Wasserstoff und Brennstoffzellen sind ein Kernelement davon. Nur so sind Deutschlands Klimaziele zu erreichen.

“Wenn ich die Leute gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde”, soll Henry Ford gesagt haben. Zum Glück fragte er die Leute nicht. Fragt man allerdings unsere Politiker, was im Hinblick auf die Emissionen der Verbrennungsmotoren zu tun sei, hört man: Software-Updates, Katalysatoren, Beimischungen und andere Pflästerchen und Wässerchen.

Die Herausforderung von heute besteht aber nicht darin, den Diesel- oder den Benzinmotor zu verbessern, sondern ihn zu überwinden. Nur so sind die Klimaziele gemäß dem Pariser Abkommen zu erreichen. Die Treibhausgas-Emissionen aus dem Verkehr sind seit 1990 gestiegen, während sie in allen anderen Bereichen gesunken sind. Sie müssen aber bis 2030 um mindestens 40 % gesenkt und bis 2050 auf mehr oder weniger Null gebracht werden. Bessere Software schafft das nicht. Und noch so innovative und saubere Verbrennungsmotoren werden das wirtschaftlich effizient auch nicht schaffen.

Die Zukunft bei den Straßenfahrzeugen gehört dem Elektromotor, nicht dem Verbrennungsmotor. Wasserstoff mit Brennstoffzelle und Batterie werden eine verantwortungsbewusste Gesellschaft in Zukunft mobil halten.

Deutschland ist in einer ausgezeichneten Position, bei diesem Wandel weltweit die Führung zu übernehmen:

Die deutsche Auto- und Zulieferindustrie verfügt in der Wasserstofftechnologie über das notwendige Können, was sie an zahlreichen Beispielen bewiesen hat.

Wir haben weltweit eine der besten Forschungslandschaften, die für weiteren Fortschritt sorgen kann. Deutschland ist einer der besten Märkte für innovative und umweltfreundliche Produkte, die es auf der Welt gibt.

Was fehlt, sind Wille und Mut.

Gerade jetzt im Wahlkampf wäre eigentlich die Stunde weitsichtiger und verantwortungsbewusster Politiker gekommen, die der Öffentlichkeit klarmachen, dass die gesamte Mobilität vor einem grundlegenden Wandel steht und dass die Politik diesen einfordern und gestalten wird. Leider warten wir auf solche aufrüttelnden Stellungnahmen bisher vergebens.

Aber worauf wollen wir denn warten, wenn wir heute schon so weit sind, dass die ohnehin recht großzügigen Emissions-Grenzwerte für Dieselmotoren bei vielen Modellen nicht mehr zu erreichen sind und nur noch mit Hilfe rechtlich höchst fragwürdiger Machenschaften der Anschein erweckt werden kann, es ginge? Dabei sind diese Grenzwerte in der EU immer noch fast dreimal so hoch wie in Kalifornien, weil ja Europas Autoindustrie geschützt werden musste. Viel zu lange ist der Absprung in die Zukunft schon verschlafen worden. Wie riskant so ein Verhalten ist, konnten wir bereits in anderen Technologiefeldern schmerzlich lernen.

Man kann die deutschen Autobauer auch zu Tode schützen, indem man sie vor den Realitäten des Lebens abschirmt. Bleiben Politik und Industrie weiter untätig, wird die neue Technik dennoch kommen – aber aus Asien. Jetzt ist die Zeit, Bedenkenträgerei und Klientelpolitik hinter sich zu lassen und mutig voranzugehen. Die deutschen Unternehmen wären dieser Herausforderung ohne Zweifel gewachsen.

Wird die Umstellung Arbeitsplätze kosten? Natürlich – aber ohne Umstellung werden weit mehr Arbeitsplätze dauerhaft verloren gehen. Die Brennstoffzellenmobilität sorgt für zukunftssichere Arbeitsplätze. Als das Auto kam, wurden viele Stellmacher arbeitslos. Aber weit mehr Menschen fanden anschließend Arbeit als Chauffeur oder KFZ-Mechaniker.

Wird die Umstellung Geld kosten? Natürlich, viel Geld – aber nur einen Bruchteil von dem, was durch Untätigkeit auf uns zukäme. Das weiß man seit 2006, als die britische Regierung den “Stern-Report” veröffentlichte.

Wird der Kunde / Wähler liebe alte Gewohnheiten aufgeben müssen? Natürlich – wenn er es gut findet, mit Lärm, Gestank und klimaschädlichen Emissionen zu fahren.

In spätestens dreißig Jahren wird der Verbrennungsmotor den Weg gegangen sein, den Dampfmaschine und Petroleumlampe gegangen sind. Wenn die deutsche Autoindustrie nicht den gleichen Weg gehen will, muss sie heute das Ruder herumreißen. Das wird sie sicherlich tun, wenn geeignete politische Rahmenbedingungen aus Berlin und Brüssel dafür sorgen, dass alle Marktteilnehmer im fairen Wettbewerb neue Technologie in den Markt bringen können. So schützt man die deutsche Industrie in Wirklichkeit. Dass so gut wie niemand dies öffentlich zu sagen wagt, obwohl alle maßgeblichen Leute es wissen – das ist der wahre Skandal.