Im Magdeburger Gerichtssaal spielt sich ein Albtraum ab, der jede Vorstellung von Gerechtigkeit verhöhnt. Auf der Anklagebank sitzt der Mann, der mit einem schweren Mietwagen in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt raste, Familien zerstörte, Leben auslöschte und Hunderte in körperliche und seelische Trümmer stürzte. Vorne im Zeugenstand ringen Überlebende und Hinterbliebene unter Tränen um Fassung, schildern, wie der vermeintliche Ort der Besinnlichkeit in eine blutige Todeszone verwandelt wurde. Eine Frau erzählt, wie sie ihre Mutter verlor, wie seitdem für sie und die Kinder kein Weihnachten mehr existiert, nur noch Leere, Panik und Albträume. Während jeder Satz der Zeugen wie ein Messer durch den Saal fährt, hängt die Luft voller Schmerz, Verzweiflung und der verzweifelten Hoffnung, dass dieser Prozess ihnen zumindest ein kleines Stück Würde zurückgibt.
Doch genau in diesem Moment, der emotionalste Prozesstag seit Beginn der Verhandlungen, entfaltet sich eine Szene, die kaum zu ertragen ist: Der Angeklagte wirkt desinteressiert, sackt auf seinem Stuhl zusammen, nickt weg – als wären all diese Schicksale, all diese Toten und Verletzten nicht mehr als Hintergrundrauschen. Während Opfer von zerfetzten Körpern, verstümmelten Kindern und zerstörten Familien sprechen, schließt er einfach die Augen, driftet ab und sendet damit ein gnadenloses Signal der Verachtung. Kein sichtbares Mitgefühl, kein Anflug von Reue, kein Respekt vor den Menschen, die durch seine Fahrt alles verloren haben. Für die Hinterbliebenen im Saal ist das ein Schlag ins Gesicht: Sie durchleben die Hölle zum zweiten Mal, und der Mann, der all das verursacht hat, wirkt, als langweile ihn das Leid, das er über sie gebracht hat.
Die Justiz versucht, nüchtern und sachlich zu bleiben, doch dieser Prozess ist längst mehr als ein Verfahren – er ist ein Spiegel für ein System, das kaum trösten kann. Die gewaltigen Aktenstapel, die endlosen Prozesstage, die juristischen Floskeln prallen auf die rohe Wirklichkeit zerstörter Biografien. Angehörige sehen, wie ihr Schmerz protokolliert, abgeheftet und in Paragrafen gepresst wird, während der Angeklagte schläft, wegsieht oder schweigt. Die Hoffnung, dass dieses Verfahren heilende Wirkung haben könnte, verglüht mit jeder Sekunde, in der der Täter sich der emotionalen Wucht entzieht. Am Ende bleibt ein bitterer Eindruck: Hier kämpfen Opfer mit gebrochenen Stimmen um Gehör, während der Mann, dem sie ins Gesicht blicken wollen, innerlich längst abgeschaltet hat – und damit den ohnehin brüchigen Glauben an Gerechtigkeit weiter zerschmettert.
