Bildungs-Talfahrt: Deutschlands Schülern gehen die Grundkompetenzen verloren

Berlin – Die Alarmglocken im deutschen Bildungssystem schrillen lauter denn je. Neue Berichte und Experteneinschätzungen zeichnen ein düsteres Bild: Das Leistungsniveau an den Schulen befindet sich im freien Fall. Ob Lesen, Rechnen oder Naturwissenschaften – in allen Kernbereichen brechen die Ergebnisse weg. Die Ursachen sind vielfältig und reichen vom massiven Lehrermangel über die Langzeitfolgen der Pandemie bis hin zu tiefen sozialen Gräben. Die Politik wirkt zunehmend ratlos.

Es ist ein Befund, der an die verheerenden Ergebnisse der ersten PISA-Studie erinnert, doch die Lage heute scheint noch komplexer. Während die finalen Ergebnisse des mit Spannung erwarteten IQB-Bildungstrends 2024 und der nächsten PISA-Erhebung erst für Ende 2025 erwartet werden, sind sich Bildungsexperten bereits einig: Der negative Trend der vergangenen Jahre hat sich nicht nur fortgesetzt, sondern dramatisch verschärft.

Schon die letzte große Untersuchung des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) offenbarte, dass ein erschreckend hoher Anteil der Viertklässler nicht einmal die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik erreicht. Jeder fünfte bis vierte Schüler konnte am Ende der Grundschulzeit nicht richtig lesen oder rechnen – eine Katastrophe für die individuellen Zukunftschancen und eine Hypothek für den Wirtschaftsstandort Deutschland.


Ein Problem, viele Ursachen

Die Gründe für die Bildungskrise sind hausgemacht und vielschichtig. An vorderster Front steht der chronische Lehrermangel. Bundesweit fehlen Zehntausende Lehrkräfte. Unterricht fällt aus, Klassen werden zusammengelegt, und immer mehr fachfremde Quer- und Seiteneinsteiger müssen die Lücken füllen. Laut Statistischem Bundesamt erreichte die Teilzeitquote bei Lehrkräften zuletzt einen neuen Höchststand, was den Mangel an verfügbaren Unterrichtsstunden weiter verschärft.

Verschlimmert wurde die Situation durch die Corona-Pandemie. Die monatelangen Schulschließungen haben insbesondere bei Kindern aus bildungsfernen und sozioökonomisch schwachen Familien tiefe Lernlücken hinterlassen, die bis heute nicht geschlossen werden konnten. Experten warnen, dass eine ganze Generation von Schülern mit grundlegenden Defiziten ins Berufsleben starten wird.

Hinzu kommt die wachsende soziale Spaltung. Der Bildungserfolg in Deutschland ist nach wie vor extrem stark von der Herkunft abhängig. Kinder aus Akademikerfamilien haben deutlich höhere Chancen auf einen guten Schulabschluss als Kinder aus Arbeiterfamilien oder Familien mit Migrationsgeschichte. Diese Ungleichheit hat sich in den letzten Jahren weiter verfestigt und führt zu einer wachsenden Gruppe abgehängter Jugendlicher ohne reelle Perspektive.


Ratlosigkeit in der Politik?

Die Kultusministerkonferenz (KMK) verweist auf eingeleitete Maßnahmen. Man bemühe sich, den Lehrerberuf attraktiver zu gestalten und die Ausbildungskapazitäten zu erhöhen. Programme zum Quereinstieg wurden ausgebaut, um die akute Not zu lindern. Doch Kritiker, wie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), werfen den Verantwortlichen strategisches Versagen und kurzsichtiges Krisenmanagement vor. „Es wird an Symptomen herumgedoktert, statt die strukturellen Probleme wie die mangelnde Finanzierung und die ungleichen Chancen endlich anzugehen“, so ein GEW-Sprecher.

Bildungsforscher fordern einen radikalen Kurswechsel: eine gezielte Förderung von Brennpunktschulen, eine massive Investition in die sprachliche Entwicklung schon in der Kita und eine bundesweite Strategie zur Qualitätssicherung. Denn eines ist klar: Wenn die Basis bröckelt und Grundkompetenzen verloren gehen, steht die Zukunft des ganzen Landes auf dem Spiel.


Entdecke mehr von Pressecop24.com

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.