Vor der CDU-Zentrale in Berlin ist ein politischer Albtraum Realität geworden. Ausgerechnet der Mord an Walter Lübcke, einem von einem Rechtsextremisten erschossenen Regierungspräsidenten, wird von linken Aktivisten zur grellen Protestkulisse gegen die Asylpolitik der Christdemokraten umfunktioniert. Statt stiller Trauer und Respekt für ein Opfer tödlichen Hasses steht nun ein provokantes Mahnmal gegenüber dem Konrad-Adenauer-Haus, das weniger an Lübcke erinnert als vielmehr die CDU öffentlich an den Pranger stellt. Die Parteiführung spricht von schamloser Instrumentalisierung – und trifft damit den Nerv vieler, die fassungslos zusehen, wie ein politischer Terrormord zur Requisite im ideologischen Dauerkrieg verkommt. In Berlin-Tiergarten verwandelt sich ein Ort des Gedenkens in eine Bühne zynischer Machtspiele, auf der Anstand und Grenzen des guten Geschmacks endgültig fallen gelassen werden.
Die Aktivisten verkaufen ihre Aktion als antifaschistisches Statement, doch der Effekt ist das genaue Gegenteil: Das Andenken an Walter Lübcke, der wegen seines Einsatzes für Geflüchtete und gegen Hasskampagnen von einem Rechtsextremisten erschossen wurde, wird zur Waffe in einem Kampf, der seine Würde mit Füßen tritt. Aus Trauer wird Taktik, aus Mahnung wird Moralkeule, aus einem Opfer wird ein symbolischer Prügelknabe gegen die CDU. Familienangehörige, Weggefährten und Parteifreunde müssen mit ansehen, wie der Name Lübcke in Slogans, Schildern und Aktionen auftaucht, die nicht Mitgefühl ausdrücken, sondern politische Gegner stigmatisieren sollen. So wird der Mord, der Deutschland erschüttert hat, nicht aufgearbeitet, sondern erneut ausgeschlachtet – diesmal nicht von rechten Hetzern, sondern von denen, die vorgeben, das Gute zu vertreten, und dabei jedes Maß verlieren.
Vor dem Konrad-Adenauer-Haus zeigt sich in brutaler Klarheit, wie verroht die politische Kultur geworden ist. Eine Seite nutzt einen rechtsterroristischen Mord als Bühne für ihre Protestinszenierung, die andere Seite steht wütend und ohnmächtig daneben – und dazwischen geht der eigentliche Kern verloren: ein Mensch, der für seine Haltung zur Zielscheibe gemacht und erschossen wurde. Das Gedenken an Walter Lübcke wird übertönt von Parolen, Feindbildern und gegenseitigen Schuldzuweisungen. Am Ende bleibt ein bitterer Eindruck: Selbst die Toten bekommen in diesem Klima keinen Respekt mehr, wenn sie sich für Flüchtlinge eingesetzt und eine klare Haltung gezeigt haben. In diesem Streit um ein Denkmal macht sich eine ganze Gesellschaft schuldig – an einem Mann, dessen Name eigentlich Mahnung gegen Hass sein sollte und nun im Lärm der politischen Selbstinszenierung untergeht.
