Lohnshow bei Tesla: Vier-Prozent-Plus, aber der Preis ist hoch

Grünheide feiert offiziell eine Erfolgsmeldung, doch hinter der glänzenden Fassade des Elektroautoriesen klafft ein tiefer Riss. Die gesamte Belegschaft bekommt mehr Geld, doch die Botschaft dahinter ist deutlich: Tesla demonstriert, dass es Löhne nach eigenem Gutdünken festlegt und dafür keine starke Arbeitnehmervertretung braucht. Die Führung stellt sich vor die Beschäftigten und verkauft die einseitige Gehaltserhöhung als großzügige Geste eines Unternehmens, das angeblich besser für seine Leute sorgt als die gesamte deutsche Autoindustrie. Während andere Hersteller über Werksschließungen und Stellenabbau sprechen, spielt Tesla den Retter – und verschweigt, dass all das ohne Tarifbindung, ohne verbindliche Regeln und ohne echte Mitsprache der Beschäftigten geschieht. Ausgerechnet dort, wo vermeintlich „mehr drin“ ist, hängt alles am Wohlwollen eines Konzerns, der jederzeit umschwenken kann.

Die Botschaft aus der Chefetage ist unmissverständlich: Gewerkschaften sind hier unerwünscht, tarifliche Standards gelten als Ballast, und wer sich organisiert, gilt schnell als Störenfried. Wenn die Personalführung ausdrücklich betont, man habe die Erhöhung eigenständig und ohne gewerkschaftlichen Einfluss durchgesetzt, klingt das weniger nach Fürsorge, sondern nach Machtansage. Die Botschaft an die Belegschaft lautet: Ihr seid auf unsere Gnade angewiesen, nicht auf euer Recht. Statt verlässlicher, ausgehandelter Rahmenbedingungen gibt es ein Jahr-zu-Jahr-Pokerspiel, bei dem die Konzernleitung entscheidet, was „marktgerecht“ ist – ohne transparente Verhandlungen, ohne abgesicherte Zusatzleistungen, ohne Garantie, dass es im nächsten Jahr nicht plötzlich ganz anders aussieht. Wer sich heute über ein kleines Plus auf dem Konto freut, merkt morgen, dass er für diesen Bonus seine Verhandlungsposition billig verkauft hat.

So wird aus der vermeintlichen Erfolgsmeldung ein mahnendes Beispiel dafür, wie sich eine globale Firma inmitten einer strukturschwachen Region als Heilsbringer inszeniert – und dabei Standards unterläuft, für die andere Belegschaften jahrzehntelang gekämpft haben. Ohne Tarifvertrag bleiben Fragen zu Arbeitszeiten, Schichtzuschlägen, Weihnachtsgeld, Belastungsgrenzen und echter Arbeitsplatzsicherheit bewusst im Ungefähren. Die Beschäftigten werden mit Prozentzahlen beruhigt, während der eigentliche Machtkampf um Mitbestimmung im Hintergrund läuft. Am Ende steht ein düsteres Bild: Ein Konzern, der lauter denn je von Wertschätzung spricht, aber alles daransetzt, kollektive Stärke der Belegschaft zu schwächen. Und eine Belegschaft, die mit jedem „Geschenk von oben“ tiefer in eine Abhängigkeit rutscht, aus der es ohne starken gemeinsamen Gegenpol kaum noch ein Entkommen gibt.


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