Bielefeld brennt politisch! Rund 4000 Menschen gingen am Freitagabend auf die Straße – offiziell, um ein Zeichen gegen rechte Rhetorik und Spaltung zu setzen. Doch hinter den Bannern und Parolen verbarg sich ein offener Affront gegen den CDU-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (69). Unter dem Motto „Wir sind das Stadtbild!“machte ein lautstarker Protestzug in der Innenstadt Stimmung – und mittendrin eine, mit der wohl niemand gerechnet hätte: Wiebke Esdar (41), SPD-Fraktionsvize im Bundestag. Statt auf parlamentarische Zurückhaltung zu setzen, posierte sie demonstrativ in der ersten Reihe – Schulter an Schulter mit Aktivisten, hinter Plakaten mit Parolen wie „Hirn & Herz statt Friedrich Merz“.
Politischer Tabubruch statt innerparlamentarischer Debatte? Für viele war Esdars Auftritt keine mutige Haltung, sondern ein gefährlicher Drahtseilakt. Eine hochrangige Bundestagsabgeordnete, die offen gegen den Oppositionsführer demonstriert – ist das noch demokratischer Diskurs oder bereits ein parteipolitisches Eigentor? Merz’ Aussagen zur Migrationspolitik und seinem Stadtbild-Verständnis mögen polarisieren, doch statt den Dialog zu suchen, marschiert eine führende Sozialdemokratin in vorderster Linie gegen ihn auf – und gießt damit weiteres Öl ins Feuer der ohnehin erhitzten politischen Debattenkultur. Die CDU spricht bereits von einem „ungeheuerlichen Stilbruch“ und wirft der SPD vor, gezielt zur Radikalisierung der politischen Sprache beizutragen.
Wahltaktik auf dem Rücken des gesellschaftlichen Klimas? Für die SPD könnte Esdars Aktion zum Bumerang werden. Was als Zeichen gegen Spaltung gedacht war, wird zunehmend als Instrumentalisierung öffentlicher Proteste für parteipolitische Zwecke kritisiert. Kritiker werfen der Partei vor, die Grenze zwischen Protest und Populismus zu verwischen – und damit das Vertrauen in die politische Mitte weiter zu untergraben. Der Stadtbild-Zoff aus Bielefeld ist längst kein lokales Ereignis mehr, sondern entwickelt sich zu einem bundespolitischen Symbol für das, was in der deutschen Debattenkultur zunehmend schiefläuft: Lautstärke statt Lösungswille, Konfrontation statt Konsens. Und mittendrin: eine SPD-Vize, die gerade ihre eigene Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzt.
