Es klingt wie aus einem Überwachungsstaat – doch es passiert mitten in Deutschland: Das Bundesland Hessen betreibt eine Online-Meldeplattform, auf der Bürger ihre Nachbarn anonym denunzieren können. Illegale Beschäftigung? Mietbetrug? Leistungserschleichung? Einfach anklicken – und abschicken! Was für viele wie ein Relikt aus düsteren Zeiten klingt, ist laut Regierung „moderner Verwaltungsvollzug“. Doch selbst Justizminister Roman Poseck bringt das Dilemma auf den Punkt: „Keiner will ein Spitzelportal – aber wir setzen es ein.“ Was für ein Offenbarungseid!
Kritiker sprechen von einem „staatlich organisierten Misstrauensklima“. Denn die Plattform lädt zum anonymen Anschwärzen ein – ohne dass Beschuldigte sich sofort wehren können. Datenschützer schlagen Alarm, Bürgerrechtler warnen vor einem Klima des Verdachts. Wer heute seinen Nachbarn wegen eines vollen Müllcontainers meldet – meldet morgen vielleicht falsche Meinungen. Der Staat, so der Vorwurf, delegiere Verantwortung an die Bevölkerung und schaffe eine Kultur des digitalen Wegsehens und Denunzierens.
Besonders bitter: Während Minister Poseck beschwichtigt, dass das Portal „nicht zur allgemeinen Bespitzelung“ gedacht sei, zeigt die Realität ein anderes Bild. Tausende Hinweise pro Jahr, Tendenz steigend – und ein Großteil davon anonym. Die Frage drängt sich auf: Wie viel Vertrauen hat ein Staat noch in seine Bürger, wenn er sie heimlich zu Kontrolleuren macht? Hessen steht nun am Pranger – als Vorreiter eines digitalen Überwachungszeitalters, das viele nie für möglich gehalten hätten.
