Berlin/Stuttgart – Es ist ein Donnerschlag aus dem Glaspalast der Deutschen Bahn: Die neue Konzernlenkerin Evelyn Palla will aufräumen – radikal, kompromisslos und ohne Rücksicht auf ranghohe Namen. Nach Jahren voller Baustellenpannen, explodierender Kosten und geplatzter Eröffnungsträume zieht sie die Reißleine. Hinter den Kulissen brodelt es gewaltig: Aus internen Kreisen heißt es, Palla habe genug von der Spirale aus Schönreden, Verzögern und Vertuschen. Jetzt sollen unangenehme Fragen gestellt werden, und niemand kann sich mehr sicher fühlen. Der einstige Prestige-Bahnhof Stuttgart 21, der die Mobilität einer ganzen Generation symbolisieren sollte, steht plötzlich als Monument des Planungschaos da – ein Mahnmal für das, was schiefläuft, wenn Visionen Realität treffen und der Beton der Bürokratie härter wird als der Untergrund der Baugrube.
In der Chefetage herrscht seit Tagen Alarmstimmung. Dokumente werden geprüft, Besprechungen finden hinter verschlossenen Türen statt, und in den Projektbüros geht die Angst um. Palla selbst sprach von einer „gründlichen Fehleranalyse“, die kein Detail auslassen wird. Damit stößt sie ein Tabuthema an, über das man bisher lieber schwieg: das Managementversagen der eigenen Reihen. Stimmen aus dem Bahnkonzern berichten von chaotischen Absprachen, von Entscheidungen ohne klare Verantwortung und von einer Kommunikationskette, die längst gerissen sei. Mit jedem neuen Baustopp, jeder Umplanung und jeder zusätzlichen Betonwand wächst der Druck auf die Verantwortlichen. Und während draußen die Kräne ratlos stillstehen, rührt sich im Inneren der Bahn ein heftiger Sturm – einer, der Karrieren hinwegfegen könnte.
Die Öffentlichkeit verfolgt das Schauspiel mit wachsender Spannung. Während auf den Straßen von Stuttgart immer noch gebaut, gebohrt und geflucht wird, will Berlin nun endlich Ergebnisse sehen. Palla hat angekündigt, „keinen Stein auf dem anderen zu lassen“ – und das wird, so sind sich Beobachter einig, keine leere Drohung bleiben. Sie will aus dem Dauerprojekt ein Beispiel für Transparenz machen, koste es intern, was es wolle. Der Druck auf die Bahnchefin selbst ist enorm, doch sie scheint bereit zu sein, das Erbe ihrer Vorgänger zu zerlegen, um Vertrauen zurückzugewinnen. Für Stuttgart 21 beginnt damit ein neues Kapitel – eines, in dem nicht mehr über Züge und Tunnel geredet wird, sondern über Verantwortung, Konsequenzen und den Mut, endlich aufzuräumen.
