Bahn-Vorstand kritisiert staatliche Forschungsförderung

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Bahn-Vorstand Sabina Jeschke kritisiert die Forschungsförderung in Deutschland. "Wenn wir es nicht schaffen, diesen Prozess zu beschleunigen, werden wir nicht nur den USA und China immer weiter hinterherlaufen, sondern auch Ländern wie Israel, Estland oder Schweden", sagte Jeschke, die im Vorstand der Deutschen Bahn für Digitalisierung und Technik zuständig ist, der "Welt". Der übliche Gang sei so: Ein Thema kommt auf, es wird diskutiert, Gutachter werden beauftragt, man formuliert eine Ausschreibung, setzt eine Bewerbungsfrist fest, dann folgen mehrere Evaluationsrunden, durch die der Risiko- und Innovationsgrad eher abnimmt.

"Am Ende sind mindestens zwei Jahre vergangen, bis die ersten Forschungsgelder fließen", sagte Jeschke. "Dabei hätte das Projekt sofort starten müssen." Etliche Unternehmen bemühen sich daher nicht mal mehr um staatliche Hilfe für Forschung und Entwicklung. "Der Vorlauf bei öffentlichen Geldern ist so lang, dass die Beantragung oft vollkommen uninteressant wird", sagte auch Philipp Utz aus dem Vorstand des mittelständischen Bauchemie-Herstellers Uzin Utz, der "Welt". Er verweist auf Amerika als Positiv-Beispiel. Die Investitionsbereitschaft der Wirtschaftsförderer sei in den USA wesentlich höher, der Bürokratieaufwand dagegen deutlich geringer als in Deutschland. "Man einigt sich auf ein Entwicklungsbudget und im Gegenzug auf bestimmte Steuervorteile, während in Deutschland in der Regel Einzelprojekte mit hohem dokumentarischen und administrativen Aufwand gefördert werden", beschrieb Utz, der ein Umdenken fordert, um den Industriestandort Deutschland zu stärken: "Es ist jetzt an der Zeit, politische Maßnahmen zu ergreifen, um Innovationstätigkeit gezielt zu fördern. In erster Linie muss die Bürokratie entschärft werden. In dieser Hinsicht kann Amerika Vorbild für uns sein." Auch Bahn-Managerin Jeschke sieht dringenden Handlungsbedarf. "Wir führen bei wichtigen Themen wie Daten-Seen, Künstliche Intelligenz oder E-Mobilität die Szene nicht gerade an." Und das sei keine Meinung, sondern eine Tatsache. Dabei seien die Voraussetzungen eigentlich gut. "Wir befinden uns in einer relativ stabilen Phase, es herrschen sozialer Frieden und historisch hohe Beschäftigung, außerdem gibt es ein erstklassiges Ausbildungssystem. Unterentwickelt ist unsere Fähigkeit, Geld für die Forschung in einem freieren und risikoaffineren Sinne bereit zu stellen, beispielsweise einen Forschungsschwerpunkt zu finanzieren, ohne vorher alle Details genau festzulegen."