Bewerberinnen um SPD-Vorsitz bemängeln männlich geprägten Politikstil

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Die beiden Bewerberinnen um den Co-Vorsitz der SPD, Saskia Esken und Klara Geywitz, wollen die Arbeit in politischen Spitzenämtern frauen- und familienfreundlicher machen. "Koalitionsausschüsse sollten tagsüber stattfinden", sagte Geywitz der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstagsausgabe). Sie halte "nichts von dieser Show": Mit "letzter Kraft" habe man sich "um fünf Uhr morgens auf den genialen Kompromiss geeinigt. Erschöpfung als Mittel der Politik – das kommt aus einer anderen Epoche. Ich finde die Idee vom politikfreien Sonntag sympathisch. Falls ich gewählt werde, wird sich das ganz praktisch ergeben, weil ich natürlich nicht vorhabe, meine Kinder irgendwo abzugeben und dann 24/7 SPD-Politik zu machen", so die SPD-Politikerin weiter.

Uneins waren sich Geywitz und Esken, ob Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz im Falle eines Sieges seines Tandems in der Stichwahl seine Regierungsämter behalten soll. Geywitz plädierte dafür: "Um die Partei kümmern heißt ja nicht, dass man möglichst oft im Willy-Brandt-Haus ist. Wir wollen das Format der Regionalkonferenzen fortführen. Das tut der Partei gut. Der Partei tut es aber auch gut, wenn die Regierung möglichst stark sozialdemokratische Politik macht. Insofern ist es gut, wenn der Vizekanzler ein starkes SPD-Mandat hat", sagte sie. Esken zweifelt daran: "Die Frage ist eher, ob es Olaf Scholz gelingen wird, in der Position des Finanzministers eine sozialdemokratischere Politik zu machen, weil er Parteichef ist". Beide Frauen kritisierten den auch im 21. Jahrhundert noch männlich geprägten Politikstil. Esken sagte, die Ausfälle ihr gegenüber seien anders als bei Männern gegenüber: "Da unterhält man sich darüber, wie ich überhaupt so aussehe. Ob ich die richtige Körbchengröße habe. Auch im 21. Jahrhundert werden Frauen in der Politik noch anders als Männer behandelt. Was traurig ist", so die SPD-Politikerin weiter. Auf die Frage, ob Frauen an der SPD-Spitze nach Andrea Nahles` unfreiwilligem Abgang von der Parteispitze männliche Beschützer brauchten, antwortete sie: "Wir brauchen keine Beschützer", sagte Esken der "Süddeutschen Zeitung". Geywitz erhebt im Falle eines Sieges keinen Anspruch auf eine Kanzlerkandidatur: Es sei "eine gute Idee, wenn derjenige, der für uns Kanzlerkandidat" werde, auch Regierungserfahrung habe.