Biodiversitätsstrategie: Deutschland verfehlt Waldschutzziele!

Das Märchen vom deutschen Wald

 

Deutschland verfehlt seine Waldschutzziele deutlich. Das ergeben Recherchen des ZDF-Politmagazins “Frontal 21”. Die Bundesregierung hatte in einer Biodiversitätsstrategie beschlossen, dass bis 2020 fünf Prozent des deutschen Waldes nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden sollen. Doch kurz vor dem Stichjahr sind es bundesweit gerade mal 2,8 Prozent. Das ergab eine Umfrage von “Frontal 21” unter allen 16 Bundesländern. Danach schneiden die waldreichsten Länder Bayern und Baden-Württemberg besonders schlecht ab.

Bayern hat mit Abstand die größten Waldflächen, doch der Freistaat hat das Fünf-Prozent-Ziel der Bundesregierung nicht übernommen. Biologische Vielfalt werde “im Rahmen der Waldbewirtschaftung” berücksichtigt, hieß es aus dem Landesumweltministerium. Bisher wurden nur 1,3 Prozent der Waldfläche Bayerns dauerhaft aus der Nutzung genommen.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte gegenüber “Frontal 21” an, einige alte Waldflächen “behutsamer” zu behandeln: “Wir verändern das Grundprinzip der Staatsforste. Das Ziel ist nicht, sie als Wirtschaftswald zu sehen, sondern als Klimawald.” Erst der Ende 2018 vereinbarte Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern sieht ein Ziel von zehn Prozent für natürliche Entwicklung im bayerischen Staatswald vor. Dadurch könnte sich der Naturwald-Anteil in Bayern insgesamt auf drei Prozent erhöhen.

Schlusslicht unter den Ländern, die das Fünf-Prozent-Ziel verfolgen, ist das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg. Bisher werden nur zwei Prozent der Waldfläche nicht wirtschaftlich genutzt. Gegenüber “Frontal 21” sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (B´90/Die Grünen), dass er am Naturwald-Ziel festhalte: “Wir sind da insgesamt schon auf dem richtigen Weg, und das kann sich sehen lassen, was wir machen”. Der Baden-Württembergische Forstminister Peter Hauk (CDU) dagegen stellte das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel in Frage. Hauk lehnte gegenüber “Frontal 21” das Fünf-Prozent-Ziel ab. “Flächenhaft Wälder stilllegen” sei nicht nötig. Mit den richtigen Konzepten könne biologische Vielfalt auch im Wirtschaftswald erhalten werden. Hauk plädiert für schnelle Aufforstung mit Nadelbäumen und “neuen Baumarten, weil die heimischen nicht mehr mit dem Klima klarkommen”.

Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Schleswig-Holstein haben nach eigenen Angaben das selbst gesteckte Ziel erreicht. Alle anderen Flächenländer liegen darunter. Dennoch kritisieren Naturschützer die Qualität der ausgewiesenen Naturwälder. Statt schützenswerter Altbestände hätten die Landesforstbetriebe vielfach unrentable Waldstücke in die Naturwaldkulisse geschoben. In Schleswig-Holstein und Niedersachsen seien dies sogar Birkenwälder in Mooren, obwohl die eigentlich aus Naturschutzgründen von Wald freigehalten werden sollten.

Über “Das Märchen vom deutschen Wald – Profite statt Naturschutz” berichtet “Frontal 21” am Dienstag, 3. September 2019, 21.00 Uhr im ZDF.