Corona-Testzwang tritt in Kraft! Pflegeheime dürfen Besuch ohne negativen Schnelltest verweigern!

Das Verwaltungsgericht Aachen hatte sich noch kurz vor Weihnachten in mehreren Fällen mit verschiedenen aktualisierten Corona-Schutzregelungen auseinanderzusetzen. Teilweise wurde den Eilanträgen betroffener Bürger und Unternehmen stattgegeben.

 

Mit Beschluss vom heutigen Tag hat die 6. Kammer dem Eilantrag eines Pflegeheims aus Würselen stattgegeben. Das Pflegeheim hatte sich mit dem Antrag gegen eine Regelung in der Allgemeinverfügung „Pflege und Besuche“ des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales gewendet. Die beanstandete Regelung sieht – im Gegensatz zu ihrer bis zum 20. Dezember 2020 geltenden Fassung – vor, dass einer Besucherin bzw. einem Besucher, die bzw. der einen angebotenen Corona-Schnelltest ablehnt, der Besuch mit Verweis auf diese Ablehnung nicht verweigert werden darf. Das Pflegeheim hatte sich darauf berufen, dass nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) eine Testpflicht für Besucher einer Pflegeeinrichtung ausdrücklich empfohlen werde. Eine Besuchserlaubnis allein für Angehörige, die einen aktuellen negativen Schnelltest vorweisen könnten, entspreche auch dem Beschluss der Ministerpräsidenten vom 13. Dezember 2020. Werde hierauf verzichtet, führe dies zu einer massiven Verschlechterung des Infektionsschutzes in der Pflegeeinrichtung und zu Gefahren für die Heimbewohner und das Pflegepersonal.

Die 6. Kammer ist der Argumentation des Pflegeheims gefolgt. Es sei schon nicht nachvollziehbar, warum die Einrichtungsleitung ausdrücklich ermächtigt werde, den Besuch der Einrichtung bei Verweigerung eines Kurzscreenings (auf Erkältungssymptome, SARS-CoV-2-Infektion, Kontakt mit Infizierten oder Kontaktpersonen ersten Grades gemäß der Richtlinie des RKI) zu versagen, Gleiches bei Verweigerung eines angebotenen Schnelltestes, der eine höhere Sicherheit aufweise, aber nicht gelten solle. Ein im Einzelfall zu erlassendes Besuchsverbot bei verweigerter Schnelltestung greife nach Abwägung mit den Rechten der anderen Bewohner auf Leben und körperliche Unversehrtheit nicht unzumutbar in Rechte des betroffenen Heimbewohners (insbesondere) auf Teilhabe ein.

Aktenzeichen: 6 L 949/20

 

Ebenfalls mit Beschluss vom heutigen Tag hat die 6. Kammer den Eilantrag der Anbieterin von Meditations- und Qigong-Kursen abgelehnt, mit dem diese eine vorläufige Erlaubnis zur Durchführung von Gruppenkursen erstreiten wollte. Die Kammer hat klargestellt, dass derartige Kurse nach der aktuellen Corona-Schutzverordnung untersagt seien. Insbesondere gehöre ihre Durchführung nicht zu den ausnahmsweise erlaubten Tätigkeiten von Angehörigen der Heilberufe mit Approbation und sonstigen Personen, die zur Ausübung der Heilkunde befugt sind.

Aktenzeichen: 6 L 913/20

 

Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen hatte sich zunächst mit der gestern in Kraft getretenen Allgemeinverfügung des Kreises Euskirchen zur Umsetzung von Schutzmaßnahmen, die der Verhütung und Bekämpfung einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus auf dem Gebiet des Kreises Euskirchen dienen, zu beschäftigen. Mit Beschluss vom gestrigen Tag hat sie entschieden, dass es für die Regelungen der Allgemeinverfügung schon deswegen an einer ausreichenden Rechtsgrundlage fehle, weil zum Zeitpunkt ihres Erlasses der sog. 7-Tages-Inzidenzwert im Kreis Euskirchen den maßgeblichen Schwellenwert von 200 noch nicht überschritten habe. Dies sei nach der Corona-Schutzverordnung aber Voraussetzung für den Erlass zusätzlicher Schutzmaßnahmen im Wege einer Allgemeinverfügung.

Aktenzeichen: 7 L 948/20

 

Daraufhin hat der Kreis Euskirchen heute die beanstandete Allgemeinverfügung erneut bekanntgegeben. Diese Fassung, die morgen in Kraft treten soll, wurde u. a. damit begründet, dass der Inzidenzwert inzwischen die maßgebliche Schwelle überschritten habe. Aktuell liege er in Euskirchen bei 209,1. Die Allgemeinverfügung sieht – ähnlich wie dies für den Kreis Düren bereits gilt und für Stadt und Städteregion Aachen erwartet wird – u. a. eine nächtliche Ausgangsbeschränkung zwischen 22 Uhr und 5 Uhr sowie weitere Einschränkungen für private Zusammenkünfte vor. Der Antragsteller, der bereits den stattgebenden Beschluss vom gestrigen Tag erstritten hatte, hat sich auch gegen die Neuregelung mit einem Eilantrag gewendet.

Die 7. Kammer hat diesem Antrag mit Beschluss vom heutigen Tag teilweise stattgegeben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Regelung betreffend die nächtliche Ausgangsbeschränkung sei voraussichtlich rechtswidrig. Es sei bereits ernstlich zweifelhaft, ob der Kreis eine derart einschränkende und eine Vielzahl von Lebenssachverhalten betreffende Regelung im Wege einer Allgemeinverfügung habe treffen können. Es spreche Vieles dafür, dass es hierfür des Erlasses einer Rechtsverordnung bedurft hätte, für die aber nicht der Kreis, sondern das für Gesundheit zuständige Landesministerium zuständig gewesen wäre. Überdies bestünden erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Ausgangsbeschränkung. Die Allgemeinverfügung ziele offenkundig darauf ab, das Treffen mehrerer Personen im privaten Raum aus Infektionsschutzgründen nach Möglichkeit zu unterbinden. Dies könne aber bereits erreicht werden durch die geregelten Beschränkungen dieser Treffen. Einer Ausgangssperre, für die überdies nur wenige Ausnahmetatbestände formuliert seien, bedürfe es daneben nicht.

Die Kontaktbeschränkungen für Treffen im privaten Raum (u. a. Beschränkung auf den eigenen Hausstand und die Angehörigen eines weiteren Hausstandes mit höchstens insgesamt fünf Personen) seien demgegenüber voraussichtlich nicht zu beanstanden. Ihre Geeignetheit, zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beizutragen, könne nicht bezweifelt werden. In Anbetracht der überragenden Bedeutung des Rechts auf Leben und Gesundheit der Bevölkerung, die es vor einer ungebremsten Ausbreitung der COVID-19-Erkrankung zu schützen gelte, um eine Vielzahl von teils schweren Erkrankungen und Todesfällen sowie eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, erwiesen sich diese Beschränkungen als verhältnismäßig. Die Beschränkungen seien zudem zeitlich bis zum 10. Januar 2020 begrenzt.

Aktenzeichen: 7 L 951/20

 

Gegen die Beschlüsse kann die jeweils unterliegende Partei Beschwerde einlegen, über die jeweils das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet.

 

Hinweis:

In Bezug auf die bereits am 18. Dezember 2020 in Kraft getretene Allgemeinverfügung des Kreises Düren zur Ergänzung der Corona-Schutzverordnung ist bislang kein Verfahren anhängig gemacht worden.

Quelle: Verwaltungsgericht Aachen