Start BLOG-NEWS Corona-Urteile der Woche! Über 15 KM Begrenzung, Desinfektionsmittel Diebstahl, Corona-Soforthilfen, Infektionsschutzrecht, Grundversorgung!

Corona-Urteile der Woche! Über 15 KM Begrenzung, Desinfektionsmittel Diebstahl, Corona-Soforthilfen, Infektionsschutzrecht, Grundversorgung!

15 Kilometer Umkreis: Eilantrag gegen 4. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg abgelehnt – 4/21

Pressemitteilung vom 14.01.2021

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat den Eilantrag eines Brandenburgers zurückgewiesen, mit dem dieser die 4. SARS-CoV-2 Eindämmungsverordnung insoweit vorläufig außer Vollzug setzen lassen wollte, als bestimmte Freizeitaktivitäten über einen Umkreis von 15 Kilometern über seinen Heimatlandkreis hinaus untersagt sind.

Nach der 4. SARS-CoV-2-EindV ist Individualsport unter freiem Himmel sowie Bewegung an der frischen Luft nur bis zu einem Umkreis von 15 Kilometern der Grenze eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt gestattet, wenn innerhalb der letzten sieben Tage pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern kumulativ mehr als 200 Neuinfektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus vorliegen und die zuständige Behörde die Überschreitung in geeigneter Weise öffentlich bekanntgegeben hat.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat der 11. Senat ausgeführt, dass die Maßnahme, mit der der Tagestourismus innerhalb des Landes Brandenburg eingeschränkt werden soll, nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung nicht offensichtlich rechtswidrig sei. Sie sei insbesondere dem Ziel förderlich, die Verbreitung des Virus aus Gebieten mit sehr hohen Inzidenzwerten einzudämmen, auch wenn unter freiem Himmel eine geringere Ansteckungsgefahr bestehe. Dass die Sperrung von tagestouristischen Anziehungspunkten zumindest gleich effektiv wäre, lasse sich im Rahmen summarischer Prüfung nicht feststellen. Die Maßnahme sei auch nicht unangemessen. Denn die von der angegriffenen Vorschrift Betroffenen seien lediglich in einem überschaubaren Bereich ihrer Freizeitgestaltung beeinträchtigt. Dem stünden die besonders hochwertigen Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit gegenüber. Angesichts des gegenwärtigen Standes des Infektionsgeschehens mit landesweiten Höchstwerten der Inzidenzen, der damit verbundenen starken Belastung des Gesundheitssystems, namentlich der intensivmedizinischen Abteilungen der Krankenhäuser und der Gefahr der Verbreitung von Virusmutationen mit einer nochmals höheren Infektiosität seien diese Schutzgüter in besonderem Maße gefährdet. Mit Blick auf diese erhebliche und akute Gefahrenlage erschienen die mit der Maßnahme verbundenen Einschränkungen auch dann angemessen, wenn sie nur in beschränktem Umfang zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beitragen.

Vor diesem Hintergrund falle auch eine Folgenabwägung zulasten des Antragstellers aus.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Beschluss vom 14. Januar 2021 – OVG 11 S 3/21

Quelle: Ober­verwaltungs­gericht Berlin-Brandenburg

 

Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel – Kündigung

Der Kläger war seit dem Jahr 2004 bei einem Paketzustellunternehmen, der Beklagten, als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge beschäftigt. Die Wäsche
der Wagen erfolgte in Nachtschicht mit sechs bis sieben Kollegen, wobei der Kläger
seinen Wagen in der Nähe des Arbeitsplatzes abstellen konnte. Bei der stichprobenartigen Ausfahrtkontrolle am 23.03.2020 gegen 07.50 Uhr fand der Werkschutz im Kofferraum des Klägers eine nicht angebrochene Plastikflasche mit einem Liter Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle. Der Wert des Desinfektionsmittels betrug zum damaligen Zeitpunkt ca. 40,00 Euro. Es kam damals bei der Beklagten immer wieder vor,
dass Desinfektionsmittel aus den Waschräumen entwendet wurde. Der Personalausschuss des Betriebsrats stimmte am 24.03.2020 der fristlosen Kündigung des Klägers
nach Befragung von Zeugen abschließend zu, welche die Beklagte am 25.03.2020
aussprach.
Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er habe sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen. Er habe das Mittel für sich und eventuell seine Kollegen verwenden wollen, zumal dieses in den Waschräumen nicht immer verfügbar gewesen
sei. Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen im Kofferraum nicht mehr gedacht. Er
müsse kein Desinfektionsmittel stehlen, weil seine Frau in der Pflege arbeite und die
Familie über sie ausreichend versorgt sei. Die Arbeitgeberin hat behauptet, dass der
Kläger dem Werkschutz gesagt habe, dass er das Desinfektionsmittel habe mitnehmen dürfen, um sich unterwegs die Hände zu desinfizieren. Sie habe mit Aushängen
im Sanitärbereich darauf hingewiesen, dass das Mitnehmen von Desinfektionsmitteln
eine fristlose Kündigung und Anzeige zur Folge habe.
Die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts hat wie bereits das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Es liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor. Die Einlassungen des Klägers sind nicht glaubhaft. Die Kammer geht davon
aus, dass der Kläger sich das Desinfektionsmittel zugeignet hat, um es selbst zu verbrauchen. Wenn er es während der Schicht habe benutzen wollen, hätte es nahe gelegen, das Desinfektionsmittel auf den Materialwagen am Arbeitsplatz zu stellen, zumal in der Nacht nur sechs bis sieben Kollegen arbeiteten. Es ist zudem nicht nachvollziehbar, dass er das Desinfektionsmittel auch für die Kollegen verwenden wollte,
denn weder hatte er ihnen gesagt, wo er das Desinfektionsmittel aufbewahrt noch
ihnen den Autoschlüssel gegeben, damit sie es benutzen können. Schließlich war die
aufgefundene Flasche nicht angebrochen. Auch in Ansehung der langen Beschäftigungszeit war keine vorherige Abmahnung erforderlich. Der Kläger hat in einer Zeit
der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware war und in Kenntnis davon, dass
auch die Beklagte mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatte, eine nicht geringe
Menge Desinfektionsmittel entwendet. Damit hat er zugleich in Kauf genommen, dass
seine Kollegen leer ausgingen. In Ansehung dieser Umstände musste ihm klar sein,
dass er mit der Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel den Bestand seines
Arbeitsverhältnisses gefährdete. Auch die Interessenabwägung fiel angesichts dieser
Umstände zu Lasten des Klägers aus.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.
Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.01.2021 – 5 Sa 483/20
Arbeitsgericht Mönchengladbach, Urteil vom 01.07.2020 – 6 Ca 632/20
Für Fragen, Kommentare und Anregungen steht Ihnen zur Verfügung:
pressestelle@lag-duesseldorf.nrw.de

 

Corona-Soforthilfe: Rückforderung bei bestehender Zahlungsunfähigkeit zu Recht erfolgt

12. Januar 2021

Die Rückforderung einer ausgezahlten Corona-Soforthilfe von einem Solo-Selbständigen ist rechtmäßig, wenn dieser sich bereits bei Beantragung des Zuschusses in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hat. Das hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit am heutigen Tage verkündetem Urteil entschieden. Es hat damit eine Klage eines selbständigen freischaffenden Künstlers gegen die Zurücknahme eines Bewilligungsbescheides und die Rückforderung der Soforthilfe in Höhe von 9.000,– Euro durch die Bezirksregierung Düsseldorf abgewiesen.

Zur Urteilsbegründung hat die 20. Kammer des Gerichts ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung des Zuschusses hätten bei Erlass des Bewilligungsbescheides nicht vorgelegen. Grundlage für die Bewilligung seien das „Corona Soforthilfeprogramm des Bundes“ und die Richtlinie „NRW-Soforthilfe 2020“ gewesen. Hiernach erfolge die Soforthilfe, wenn Unternehmen auf Grund von Liquiditätsengpässen infolge der Coronakrise in ihrer Existenz bedroht seien. Diese dürften sich nicht bereits am 31. Dezember 2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden haben. Dementsprechend müsse der jeweilige Antragsteller versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in existenzbedrohende Schwierigkeiten geraten sei. Eine solche Erklärung habe der Solo-Selbständige hier bei Antragstellung abgegeben, obgleich er bereits zum Stichtag 31. Dezember 2019 zahlungsunfähig gewesen sei. Denn er habe fällige Steuerverbindlichkeiten von insgesamt 360.000,– Euro nicht beglichen und sei auch nicht in der Lage, diese zu begleichen. Der Kläger gehe fehl in seiner Auffassung, für ihn als Solo-Selbständiger sei nicht erkennbar gewesen, dass er das Merkmal „Unternehmen in Schwierigkeiten“ prüfen müsse. Es habe ihm oblegen zu eruieren, ob er insoweit antragsberechtigt sei. Dies hätte er durch eine Nachfrage bei der Bezirksregierung klären können.

Gegen die Entscheidung kann die Zulassung der Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster beantragt werden.

 

Az.: 20 K 4706/20

Quelle: Verwaltungsgericht Düsseldorf

 

Infektionsschutzrecht – Schließung eines Betriebes zum gewerblichen Ankauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen von Privatpersonen in Mülheim a.d. Ruhr ist rechtmäßig

15. Januar 2021

Die Stadt Mülheim a.d. Ruhr hat einem bundesweit tätigen gewerblichen Ankäufer von gebrauchten Kraftfahrzeugen von Privatpersonen zu Recht den Betrieb seiner dortigen Niederlassung untersagt. Das hat die 24. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom 15. Januar 2021 – den Beteiligten jetzt zugestellt – entschieden und damit den Eilantrag des betroffenen Unternehmens abgelehnt.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Zwar sei das Geschäftsmodell der Antragstellerin, wonach online vom privaten Kunden erbrachte Angaben zu einem zu verkaufenden Fahrzeug in der Niederlassung der Antragstellerin mit dem Zustand des Fahrzeugs abgeglichen, bei Übereinstimmung ein Kaufvertrag geschlossen und das Fahrzeug anschließend an Gewerbetreibende weiterveräußert werde, als Großhandel im Sinne der CoronaSchVO NRW zu qualifizieren.

Gleichwohl sei der Betrieb aufgrund der Vorgaben der CoronaSchVO NRW zu untersagen gewesen. Großhandel sei demnach nur nach Maßgabe von § 11 Abs. 1 Nr. 8 CoronaSchVO NRW zulässig. Danach bleibe der Betrieb von Einrichtungen des Großhandels für Großhandelskunden und, nur für den Verkauf von Lebensmitteln, auch für Endkunden zulässig. Da die Niederlassung der Antragstellerin hier aber ausschließlich von Endkunden – nämlich den privaten Verkäufern – genutzt werde, sei ihr Betrieb unzulässig. Zudem sei klarzustellen, dass der Antragstellerin die weitere Ausübung ihres Gewerbes unter Beachtung der Schließung der Niederlassung, insbesondere also der – kontaktlose – Weiterverkauf ihrer Fahrzeuge an Gewerbetreibende, erlaubt bleibe.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden.

Aktenzeichen: 24 L 14/21

Quelle: Verwaltungsgericht Düsseldorf

 

Die Öffnung von Geschäften und Märkten, die nicht der
Grundversorgung dienen, bleibt im Freistaat Sachsen
untersagt

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat es in einem
Normenkontrollverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Eilverfahren)
abgelehnt, § 4 Abs. 1 der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung
(SächsCoronaSchVO) in der seit 24. Dezember 2020 geltenden Fassung
vorläufig außer Vollzug zu setzen.
Nach § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO ist die Öffnung von Einkaufszentren
und Einzel- oder Großhandel sowie Ladengeschäften untersagt.
Ausgenommen sind Telefon- und Onlineangebote ausschließlich zum
Versand oder zur Lieferung. Erlaubt ist nur die Öffnung von ausdrücklich
genannten Geschäften und Märkten des täglichen Bedarfs sowie der
Grundversorgung. Anders als in der ursprünglichen Fassung der Vorschrift
sind Händler, die ihre Geschäfte öffnen dürfen, nicht mehr verpflichtet, ihr
Sortiment auf die Waren des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung
zu beschränken.
Die Antragstellerin betreibt ein Haushalts- und Spielwarenfachgeschäft, in
dem sie auch Lebens- und Genussmittel sowie Körperpflegeprodukte
anbietet. Sie ist der Auffassung, die Schließungsanordnung sei zumindest
seit der Änderung der Verordnung rechtswidrig. Die Regelung sei zu
unbestimmt und verletze das Gebot der Gleichbehandlung.
Der Senat hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen und den Antrag
abgelehnt. Unter Verweis auf seinen Beschluss vom 22. Dezember 2020
– 3 B 438/20 – (Parallelverfahren zu Medieninformation 28/2020) geht er
davon aus, dass die angegriffene Regelung einem Normenkontrollverfahren
voraussichtlich standhalten wird. Die Änderung der Vorschrift führt zu keiner
abweichenden Beurteilung. Die Geschäfte, die öffnen dürfen, sind
hinreichend bestimmt benannt. Es handelt sich um Läden, bei denen die
Summe der auf die entsprechenden “Grundversorgungssortimente”
entfallenden Anteile der Verkaufsflächen dauerhaft ˗ nicht nur temporär – den
Anteil überwiegt, auf den sich die Verkaufsflächen für Sortimentsbestandteile
summieren, die nicht zu einem privilegierenden “Grundversorgungssortiment”
gehören. Im Einzelfall, insbesondere bei Mischkonstellationen von Selbstbedienungsladen und Thekenverkauf oder bei einer herausgehobenen örtlichen
Bedeutung eines Geschäfts oder Marktes für die Gewährleistung der Grundversorgung
der Bevölkerung in Regionen mit einer geringen Versorgungsdichte können andere
Kriterien, wie die auf die jeweiligen Sortimente entfallenden Umsatzanteile, oder die
Anteile oder Gewichtigkeit der Verkaufsvorgänge zur Beurteilung herangezogen
werden. Die hiermit einhergehende Ungleichbehandlung von Handeltreibenden ist von
hinreichenden Sachgründen getragen. Es kann davon ausgegangen werden, dass
durch einen Verkauf des gesamten Sortiments in den der Grundversorgung dienenden
Geschäften gegenüber der sowieso erfolgenden Mobilität von Personen zur
Gewährleistung ihrer Grundversorgung nur in verhältnismäßig geringem Maße
zusätzliche Mobilität und damit infektionsträchtige Kontakte entstehen.
In einem weiteren Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat der Senat den
Antrag einer Inhaberin mehrerer größerer Lebensmittelgeschäfte abgelehnt, die
Regelung des § 5 Abs. 2 SächsCoronaSchVO vorläufig außer Vollzug zu setzen. Die
Antragstellerin hatte sich im Wesentlichen dagegen gewandt, dass in Bezug auf die
800 m² übersteigende Verkaufsfläche nur ein Kunde pro 20 m² in die Geschäfte
eingelassen werden darf.
Die Beschlüsse im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind unanfechtbar.
SächsOVG, Beschlüsse vom 7. Januar 2020
– 3 B 446/20 – und – 3 B 424/20 –

Quelle: Oberverwaltungsgericht Sachsen