Corona-Urteile der Woche! Über Coronaeinreiseverordnung, Corona-Impfung und ohne Mund-Nasen-Bedeckung!

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen: Eilantrag gegen Coronaeinreiseverordnung abgelehnt

 

07.01.2021

Wer aus ausländischen Risikogebieten nach Nordrhein-Westfalen zurückkehrt, muss sich weiterhin grundsätzlich in Quarantäne begeben, aus der er sich – mit Ausnahme der Einreise aus dem Vereinigten Königreich und Südafrika – bereits vor Beginn durch eine freiwillige Testung bei der Einreise oder eine unmittelbar nachfolgende Testung befreien kann. Das Oberverwaltungsgericht hat heute den Antrag des Eigentümers eines Motorschiffs in der Normandie abgelehnt, die entsprechenden Regelungen der nordrhein-westfälischen Coronaeinreiseverordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Mit Beschluss vom 20. November 2020 hatte das Oberverwaltungsgericht wesentliche Teile der damals geltenden Coronaeinreiseverordnung außer Vollzug gesetzt, die für Reiserückkehrer aus dem Ausland eine zehntägige häusliche Quarantäne vorsah (vgl. Pressemitteilung vom 20. November 2020). In Reaktion auf den Nachweis unterschiedlicher Mutationen des Coronavirus im Vereinigten Königreich und in Südafrika hat das Land am 20. Dezember 2020 eine neue Coronaeinreiseverordnung erlassen und darin eine zehntägige Quarantäne für Reiserückkehrer aus diesen Ländern vorgesehen. Die Bestimmungen wurden einige Tage später um eine Regelung ergänzt, mit der Einreisende aus anderen ausländischen Risikogebieten zur Vornahme eines PCR- oder eines Schnelltests vor oder unmittelbar nach der Einreise verpflichtet wurden. Hiergegen hatte sich der Antragsteller zunächst gewandt. Nachdem während des Verfahrens Zweifel entstanden waren, ob die vom Land in Anspruch genommene Verordnungsermächtigung des Infektionsschutzgesetzes zu Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit ermächtigt, wie sie mit der Verpflichtung zur Vornahme eines Coronatests mittels Abstrichs aus dem Nasen- und/oder Rachenraum voraussichtlich verbunden sind, hat das Land die Coronaeinreiseverordnung Anfang Januar 2021 erneut geändert. Danach gilt nunmehr auch für Einreisende aus anderen Risikogebieten als dem Vereinigten Königreich oder Südafrika eine Absonderungspflicht, deren Eintreten aber bereits vor dem Beginn durch eine freiwillige Testung bei der Einreise oder eine unmittelbar nachfolgende Testung ausgeschlossen werden kann.

Hiergegen richtete sich zuletzt der Eilantrag des Antragstellers, der eine Reise zu seinem Boot in die Normandie beabsichtigt, die derzeit als Risikogebiet ausgewiesen ist. Er machte unter anderem einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz geltend. Für Personen, die Nordrhein-Westfalen nicht verlassen oder sich in einem anderen Bundesland mit vergleichbaren Inzidenzwerten aufgehalten hätten, bestehe jedenfalls keine geringere Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Coronavirus angesteckt zu haben, als für Personen, die nach Frankreich reisten.

Der 13. Senat lehnte den Antrag ab und führte zur Begründung unter anderem aus: Es sei voraussichtlich unbedenklich, dass der Verordnungsgeber von einem dringenden Handlungsbedarf ausgehe und die Absonderungspflicht mit Freitestungsmöglichkeit als einen nennenswerten Beitrag zur Eindämmung der Pandemie sehe. Sie solle dazu dienen, den Eintrag von Infektionen – auch solchen mit neuen Virusstämmen – nach Deutschland zu entdecken, um sodann Schutzmaßnahmen gegen eine Weiterverbreitung ergreifen zu können. Die Situation stelle sich im Hinblick auf den nunmehr im gesamten Bundesgebiet geltenden sogenannten strengen Lockdown und die zwischenzeitlich im Vereinigten Königreich entdeckte, möglicherweise deutlich ansteckendere Virusmutante anders dar als noch im November, als der Senat eine allgemeine Absonderungspflicht für sämtliche Einreisende aus Risikogebieten noch beanstandet hatte. Die Einschätzung, dass eine Reise in der Regel mit mehr Kontakten und damit einer höheren Infektionsgefahr verbunden sei als ein Verbleib im Bundesgebiet, erscheine unter den gegenwärtigen Umständen plausibel. Eine Reisetätigkeit könne bei zulässiger typisierender Betrachtung häufige und vielfältige zwischenmenschliche Kontakte zur Folge haben, die bei einem Verbleib im Bundesgebiet unter den gegenwärtigen Bedingungen mit der nahezu vollständigen Schließung des Einzelhandels, von Kultur, Sport- und Freizeitstätten, der Gastronomie und der Beherbergungsbetriebe sowie einschneidenden Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich weitgehend ausgeschlossen seien. Die Regelungen seien auch nicht deshalb ungeeignet, weil man sich auch durch einen Schnelltest “freitesten” könne. Auch durch Maßnahmen, die keine vollständige Sicherheit böten, Folgeansteckungen zu vermeiden, könne ein nennenswerter Beitrag zur Eindämmung der Pandemie geleistet werden. Die mit der Absonderungspflicht einhergehenden Beeinträchtigungen könnten – auch schon im Vorhinein – durch die Durchführung eines (Schnell-)Tests abgewendet werden, der ein nur niedrigschwelliger, in der Regel folgenloser Eingriff sei. Die vom Einreisenden zu tragenden Kosten von etwa 30 bis 40 Euro bewegten sich – jedenfalls wenn man sie ins Verhältnis zu einer Reisetätigkeit setze – in einem sehr überschaubaren Umfang. Ein Gleichheitsverstoß ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass die vom Verordnungsgeber unterstellten typischen infektionsbegünstigenden Reisekontakte nicht bei jeder Art von Reise in jedes erdenkliche Zielland bestünden. Der Verordnungsgeber dürfe seiner Regelung vielmehr eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde legen, die insbesondere den gegenwärtig hoch belasteten Gesundheitsämtern eine einfache Durchsetzung und Überprüfung der geltenden Vorgaben für Reiserückkehrer ermögliche.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Aktenzeichen: 13 B 2046/20.NE

Quelle: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen

 

Kein Anspruch auf unverzügliche Corona-Impfung für 84-jähriges Ehepaar

11.01.2021

 

Kein Anspruch auf unverzügliche Corona-Impfung für 84-jähriges Ehepaar

Mit Beschluss vom heutigen Tage hat die 20. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen einen auf unverzüglichen Erhalt einer Corona-Schutzimpfung gerichteten Eilantrag eines in Essen wohnhaften Ehepaares abgelehnt.

Die Antragsteller sind der Auffassung, dass über 80‐jährige dem höchsten Risiko ausgesetzt seien, an einer Infektion mit dem Coronavirus zu versterben oder unheilbar zu erkranken. Es sei daher rechtswidrig, dass in der Stadt Essen zunächst alle Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeheime und die dort tätigen Personen geimpft würden und zwar auch diejenigen, die das achtzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hätten. Mit ihrem Eilantrag haben die Antragsteller von der Stadt Essen daher die unverzügliche Verschaffung einer Möglichkeit zur Schutzimpfung gegen das Coronavirus, hilfsweise die unverzügliche Vergabe zumindest eines Termins für die Impfung oder jedenfalls die Bekanntmachung einer Priorisierung gefordert, aus der ersichtlich werde, in welcher Reihenfolge der vorhandene Impfstoff innerhalb der Gruppe der Anspruchsberechtigten höchster Priorität im Sinne des § 2 der Coronavirus-Impfverordnung verimpft werde.

Die Kammer hat den Antrag abgelehnt. Die Antragsteller müssten auf die Öffnung des Impfzentrums und die Freischaltung der Telefonnummer für die Terminvergabe warten. Ein Anspruch auf Impfung bestehe nur im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe. Es stelle keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, dass innerhalb der Gruppe der Anspruchsberechtigten höchster Priorität im Sinne des § 2 der Coronavirus-Impfverordnung der vorhandene Impfstoff zunächst primär durch die dem Impfzentrum angegliederten mobilen Impfteams in Pflegeheimen eingesetzt werde. Das Schutzbedürfnis sei dort ungleich höher. Dies entspreche den Erkenntnissen und Empfehlungen der Ständigen Impfkommission. Die über 80-jährigen, die noch in häuslicher Umgebung wohnten, seien deutlich weniger Kontakten ausgesetzt als die Bewohnerinnen und Bewohner eines Heims. Jedenfalls sei es Personen in Gemeinschaftseinrichtungen nicht gleichermaßen möglich, zum Eigenschutz die Kontakte soweit wie möglich zu reduzieren.

Die Hilfsanträge der Antragsteller seien, soweit sie gegen die Antragsgegnerin gerichtet seien, bereits unzulässig. Die Terminvergabe erfolge in Nordrhein-Westfalen nicht durch die Kreise und kreisfreien Städte. Der Stadt sei es weder rechtlich noch tatsächlich möglich, in die Terminvergabe einzugreifen. Auch zu der begehrten Priorisierung sei die Antragsgegnerin nicht befugt. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen habe sich die Konkretisierung der Priorisierungsempfehlungen der Ständigen Impfkommission ausdrücklich selbst vorbehalten.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.

 

Aktenzeichen: 20 L 1812/20

Quelle: Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen

 

08.01.2021 – Ausschluss einer Auszubildenden ohne Mund-Nasen-Bedeckung vom Präsenzunterricht ist rechtmäßig.

Befreiung von der Tragepflicht nur bei Glaubhaftmachung eines Grundes.

 

Der für Rechtsstreitigkeiten aus Unterrichtsverträgen zuständige 6. Zivilsenat hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens entschieden, dass der Ausschluss einer Auszubildenden, die keine Mund-Nasen-Bedeckung trägt, vom Präsenzunterricht nicht zu bestanden ist.

Die Beschwerdeführerin absolviert bei der Beschwerdegegnerin, einer medizinischen Einrichtung, eine Ausbildung, der ein entsprechender Ausbildungsvertrag zugrunde liegt. Im Rahmen dieser Ausbildung nimmt die Beschwerdeführerin am Berufsschulunterricht der Beschwerdegegnerin teil.

Der Auszubildenden wurde von der Beschwerdegegnerin die Teilnahme am Präsenzunterricht untersagt, weil sich diese auf ein ärztliches Attest berief, wonach sie von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreit sei.

Die Auszubildende hat daraufhin im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt, die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, der vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreiten Antragstellerin, die Teilnahme am Präsenzunterricht zu ermöglichen.

Diesen Antrag hat das Landgericht zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hatte vor dem Oberlandesgericht keinen Erfolg.

Zu Recht habe das Landgericht darauf abgestellt, dass die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen das Bestehen einer Ausnahme von der nach der Sächsischen Corona-Schutzverordnung bestehenden Pflicht zum Tragen einer Mund- Nasen-Bedeckung nicht glaubhaft machen würden. Aus dem Attest müsse sich nachvollziehbar ergeben, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund der Trageflicht in der Schule alsbald zu erwarten sind und woraus diese im Einzelnen resultieren. Relevante Vorerkrankungen seien konkret zu bezeichnen. Zudem müsse im Regelfall erkennbar werden, auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gelangt ist. Diesen Anforderungen würden die vorgelegten Atteste nicht genügen.

Gegen die Entscheidung ist kein Rechtsmittel möglich.

Quelle: OLG Dresden, Beschluss vom 06. Januar 2021, Az.: 6 W 939/20

Medieninformation Nr. 1/2021