Cum-Ex-Steuerskandal: Ermittlungen gegen Deutsche Bank Vize

Cum-Ex-Skandal
Cum-Ex-Skandal

 

Wegen einer möglichen Beteiligung an "Cum-Ex"-Geschäften sind nach 
Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung der heutige 
Vize-Chef und frühere Vorstände der Deutschen Bank ins Visier der 
Strafverfolger geraten. Die Bank bestreitet jegliches gesetzwidriges 
Verhalten.
Im größten Steuerskandal der Bundesgeschichte hat die 
Staatsanwaltschaft Köln ihre Ermittlungen deutlich ausgeweitet - 
betroffen hiervon ist unter anderem die Deutsche Bank. Nach 
Recherchen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" haben die 
Strafverfolger gegen rund 70 heutige und frühere Mitarbeiter der 
größten deutschen Bank Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zu den 
Beschuldigten zählt auch der stellvertretende Vorstandsvorsitzende 
Garth Ritchie sowie mindestens zwei ehemalige Vorstände, darunter 
Ex-Bankchef Josef Ackermann. Die Anwaltskanzlei, die ihn generell 
vertritt, und Ackermann selbst wollten sich nicht dazu äußern. Die 
Deutsche Bank äußerte sich nicht zu Ritchie.
Ein Sprecher der Bank bestätigte auf Anfrage die Ausweitung der 
Ermittlungen gegen "weitere ehemalige und aktuelle Mitarbeiter und 
Vorstandsmitglieder", äußerte sich jedoch nicht zu einzelnen 
Personen. Mit dem Vorgehen habe die Staatsanwaltschaft zudem nur die 
Verjährung möglicher Straftaten unterbrechen wollen. "Das ist ein 
übliches Vorgehen und die Staatsanwaltschaft ist so auch bei anderen 
Banken verfahren. Die Bank geht nicht davon aus, dass diese 
prozessuale Maßnahme auf einer geänderten Einschätzung durch die 
Staatsanwaltschaft beruht." Die Staatsanwaltschaft in Köln wollte 
sich auf Anfrage nicht äußern. 
Tatsächlich drohen in diesem Sommer zahlreiche mögliche 
Cum-Ex-Vergehen zu verjähren. Hinter Cum-Ex verbergen sich 
Aktiengeschäfte, die einem Verwirrspiel gleichen. Aktien mit und ohne
Dividendenansprüche wurden trickreich hin- und hergeschoben, um sich 
eine lediglich einmal gezahlte Steuer auf Dividendenerlöse mehrmals 
erstatten zu lassen. Der Staat soll auf diese Weise um einen 
zweistelligen Milliarden-Betrag betrogen worden sein. Im Sommer 2009 
war eine Hochphase von Cum-Ex-Geschäften. Der Fiskus erstattete 
allein in diesem Jahr mehr als eine Milliarde Euro an 
Kapitalertragssteuern. Da die Verjährungsfrist bei einer schweren 
Steuerhinterziehung zehn Jahre beträgt, sind in diesen Tagen 
zahlreiche mögliche Taten von Verjährung bedroht.
Die Deutsche Bank betont, keine Gesetze gebrochen zu haben. "Die 
Deutsche Bank hat an einem organisierten Cum/Ex-Markt weder als 
Leerverkäuferin noch als Cum/Ex-Erwerberin teilgenommen", heißt es 
aus dem Geldhaus.
Ins Visier der Ermittler sind inzwischen jedoch auch jene Banken 
geraten, die solche Aktiendeals nicht selbst betrieben haben - die 
aber als Dienstleister gebraucht wurden, um diese Geschäfte abwickeln
und die Gewinne verteilen zu können. Das gilt möglicherweise auch für
die Deutsche Bank.
Von Massimo Bognanni, WDR und Georg Mascolo, WDR/NDR