Grüne und Tierschützer für Fleischsteuer-Vorstoß

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Die Grünen haben den Vorschlag des sogenannten Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung zur Einführung einer Fleischsteuer für mehr Tierwohl begrüßt. "Der von der Borchert-Kommission diskutierte Weg zum Umbau der Tierhaltung geht in die richtige Richtung", sagte Renate Künast, tierschutzpolitische Sprecherin der Partei, der "Welt" (Freitagausgabe). Der Entwurf für das Abschlusspapier der Berater-Gruppe unter Leitung des ehemaligen Bundesagrarministers Jochen Borchert, die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) im April vergangenen Jahres eingesetzt hatte, sieht unter anderem eine Abgabe vor, die Fleischprodukte um 40 Cent pro Kilogramm verteuern würde.

Auch andere tierische Produkte sollten zusätzlich besteuert werden. Bei Käse, Butter und Milchpulver könnte der Aufschlag 15 Cent pro Kilo betragen, bei Milch, Milchprodukten und Eiern zwei Cent. Über den Vorschlag hatte zuerst die "Neue Osnabrücker Zeitung" berichtet. Das Konzept mit dem Zieljahr 2040 sei allerdings zu langsam und biete noch zu wenig Tierschutz, kritisierte Künast. Finanzielle Unterstützung für die Bauern sei nur gerechtfertigt, wenn tatsächlich eine deutlich bessere Tierhaltung erreicht werde "und bei jeder Wurst und jedem Stück Fleisch volle Transparenz für die Kunden entsteht", so die Grünen-Politikerin. Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, forderte eine klare Zweckbindung der Mittel. Derzeit seien Fleischprodukte zu billig. "Sie werden teils zu Schleuderpreisen verkauft. Eine tiergerechte Haltung ist so nicht möglich", sagte Schröder der "Welt". Dagegen gehen Erzeuger und Verarbeiter von Fleisch auf Distanz zu dem Vorschlag. "Nach dem jetzigen Stand liegt die Kernfrage nicht bei Abgaben oder Steuern, sondern dabei, wie eine Förderung höherer Tierwohlstandards auf der Ebene des Landwirts gestaltet werden kann", sagte Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands. Es müsse geklärt werden, wie Investitionssicherheit für mehr Tierwohl für die Landwirte hergestellt könne und wie solche Standards vom Verbraucher zu honorieren seien. Skeptisch äußerte sich auch die Fleischwarenindustrie. "Es stellt sich die Frage, ob eine zusätzliche Steuer der richtige Weg ist, das Bewusstsein für die Wertschätzung von Lebensmitteln bei den Verbrauchern zu erhöhen", erklärte Sarah Dhem, Präsidentin des Branchenverbands, in der "Welt". Zudem würden Zusatzeinnahmen womöglich durch erhöhten bürokratischen Aufwand aufgezehrt. Alexander Hinrichs, Chef der Tierwohl-Initiative von Handel und Fleischerzeugern, bezeichnete Steuererhöhungen ebenfalls als fragliches Mittel zur Verbesserung des Tierwohls. "Bevor wir die Frage nach dem Geld beantworten, sollten wir uns darüber einig sein, wie die Tierhaltung in Zukunft konkret aussehen soll", sagte er der "Welt".