Linke: Bundesregierung hat Corona-Gefahr "wochenlang unterschätzt"

Dietmar Bartsch, über dts Nachrichtenagentur

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Die Linke im Bundestag hat den Umgang der Bundesregierung mit der drohenden Corona-Epidemie als unzureichend kritisiert. "Das Krisenmanagement von Gesundheitsminister Spahn und der Bundesregierung in Bezug auf das Coronavirus ist unzureichend", sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Sonntagausgaben). "Die Entwicklung wurde wochenlang unterschätzt. Das hat zu zusätzlicher Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger geführt."

Konkret kritisierte Bartsch unter anderem fehlende Vorräte an Medizin- und Sanitärprodukten. "Es darf nicht sein, dass Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken flächendeckend ausverkauft sind, obwohl die Corona-Krise seit Ende Dezember aus China bekannt ist", sagte der Linken-Abgeordnete dem RND. "Es muss Vorräte und zentrale Lager an Hygiene- und Desinfektionsmittel in allen Bundesländern geben, die die Bevölkerung versorgen, wenn das Risiko einer Epidemie besteht." Der Gesundheitsminister müsse in Abstimmung mit den Ministern der Länder sicherstellen, "dass Hygiene- und Desinfektionsmittel wieder flächendeckend erhältlich sind", forderte Bartsch. Die Linke rügte Spahn dafür, dass auf die Feststellung, Deutschland stünde am Beginn einer Epidemie, zu wenig konkrete Maßnahmen erfolgt seien. "Viele andere Länder haben entschlossener auf das Corona-Virus reagiert", sagte Dietmar Bartsch. "Spahn sollte den Bürgerinnen und Bürgern erklären, wie er bei steigenden Fallzahlen eine sprunghafte Verbreitung eindämmen will." Aus Sicht von Linken-Fraktionschef Bartsch ist auch die Information der Bevölkerung durch die Bundesregierung nicht ausreichend. "Gerade Menschen mit Vorerkrankungen müssen wissen, welches Verhalten ratsam ist", sagte der Linke dem RND. Zudem seien weitere konkrete Schritte nötig: "Alle Bürgerinnen und Bürger, die in den letzten Wochen in Risikogebieten außerhalb Deutschlands verreist waren, sollten obligatorisch getestet werden", forderte Bartsch. Auch Aussteigerkarten, die am Freitagabend vom Krisenstab für alle Bahn- und Flugreisen innerhalb und nach Deutschland beschlossen wurden, reichten allein nicht aus: "Nach Flug-, Bahn- und Busreisen aus Risikogebieten müssen ab sofort die Menschen getestet werden", fordert die Linke. Zudem müsse die Bundesregierung in Absprache mit den europäischen Partnern dafür Sorge tragen, dass die Erforschung eines Impfstoffes schnellstmöglich vorangetrieben und zeitnah abgeschlossen wird. Auch müsse "mangelhafte personelle und materielle Ausstattung der zuständigen Behörden rückgängig gemacht werden", sagte Bartsch dem RND. "Es zeigt sich, dass die Sparpolitik der letzten Jahre die Krisenreaktionsfähigkeit des Gesundheitssektors erheblich schwächt." Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte am Samstag mit den Gesundheitspolitikern aller Bundestagsfraktionen über die Lage angesichts der Ausbreitung des neuen Coronavirus beraten. Er habe sie in einer Telefonkonferenz "über die dynamischen Entwicklungen der letzten drei Tage informiert", teilte der CDU-Politiker im Kurznachrichtendienst Twitter mit. "Wir werden am Montag in einer Sondersitzung des Ausschusses für Gesundheit erneut zusammenkommen. Es ist mir wichtig, in dieser Situation parteiübergreifend zu informieren."

Foto: Dietmar Bartsch, über dts Nachrichtenagentur