Northvolt-Insolvenz: Europas Batterie-Hoffnung vor dem Aus

Stockholm/Heide, 12. März 2025 – Der schwedische Batteriehersteller Northvolt, einst als große Hoffnung für eine unabhängige europäische Batterieproduktion gefeiert, hat in seinem Heimatland Schweden Insolvenz angemeldet. Der Antrag wurde am Mittwoch bei einem Gericht in Stockholm eingereicht, nachdem ein Versuch, durch ein Sanierungsverfahren in den USA (Chapter 11) neue Finanzmittel zu sichern, gescheitert war. Die Nachricht schockiert nicht nur die Belegschaft von rund 5.000 Menschen, sondern auch Investoren wie Volkswagen und die deutsche Politik, die Millionen in das Unternehmen gepumpt hatten.

Northvolt, 2016 von ehemaligen Tesla-Managern gegründet, sollte Europa von der Abhängigkeit asiatischer Batteriehersteller wie CATL und BYD befreien. Mit ehrgeizigen Plänen für Gigafactories, etwa in Skellefteå (Schweden) und Heide (Schleswig-Holstein), lockte das Unternehmen milliardenschwere Investitionen an. Volkswagen, der größte Anteilseigner, steckte über 1,4 Milliarden Euro in das Projekt, während Bund und Land Schleswig-Holstein Fördergelder von rund 700 Millionen Euro bereitstellten. Doch der Traum von einer grünen Batteriezukunft ist nun geplatzt.

Die Krise begann bereits 2024, als BMW einen Auftrag über zwei Milliarden Euro wegen Lieferverzögerungen stornierte. Qualitätsprobleme, hohe Ausschussquoten und Verzögerungen beim Produktionshochlauf trieben Northvolt in die roten Zahlen. Im September 2024 kündigte das Unternehmen an, 1.600 Stellen in Schweden zu streichen und Expansionspläne auf Eis zu legen. Trotz eines Rettungsversuchs mit Gläubigerschutz in den USA Anfang November – unterstützt durch ein Darlehen von Scania in Höhe von 100 Millionen Dollar – gelang es nicht, die Finanzlage zu stabilisieren. Mit Schulden von etwa 5,8 Milliarden Dollar und nur noch 30 Millionen Dollar an liquiden Mitteln war der Insolvenzantrag laut Unternehmensangaben „die einzig gangbare Lösung“.

Für Deutschland hat die Pleite weitreichende Folgen. Die geplante Fabrik in Heide, die bis zu einer Million Batteriezellen jährlich produzieren sollte, steht vor einem ungewissen Schicksal. Zwar betont Northvolt, dass die deutsche Tochtergesellschaft Northvolt Drei Project GmbH nicht direkt vom Insolvenzantrag betroffen sei, doch Experten zweifeln, ob das Projekt ohne die Muttergesellschaft fortgeführt werden kann. „Die Finanzierung der deutschen Tochter hängt indirekt vom Konzern ab“, sagt Wirtschaftswissenschaftler Wolf-Georg Ringe. „Ohne frisches Kapital ist ein Weiterbau fraglich.“ Für Bund und Land, die jeweils für 300 Millionen Euro der KfW-Wandelanleihe bürgen, droht ein finanzieller Verlust von bis zu 620 Millionen Euro.

In Heide, wo die Fabrik 3.000 Arbeitsplätze schaffen sollte, herrscht Entsetzen. „Wir haben auf Northvolt gesetzt, um die Region wirtschaftlich zu stärken“, sagt ein Sprecher der Gemeinde. Nun bangt die Bevölkerung um die versprochenen Jobs. Auch Volkswagen steht vor einem doppelten Problem: Der Konzern muss nicht nur seine Investition abschreiben, sondern verliert auch einen Schlüsselzulieferer für seine Elektroauto-Strategie.

„Es ist ein herber Schlag für Europas Batterieambitionen“, kommentiert Batterieexperte Tim Wicke vom Fraunhofer-Institut. „Northvolt war ein Pionier, aber die Konkurrenz aus Asien hat einen jahrelangen Vorsprung.“ Während die schwedische Regierung eine Übernahme ausschloss, hofft man nun auf einen Investor, der Teile des Unternehmens retten könnte. Für die Beschäftigten in Skellefteå und die deutsche Politik bleibt die Insolvenz jedoch ein bitterer Weckruf: Europas Traum von Batterie-Souveränität ist vorerst ausgeträumt.

(Stand der Informationen: 12. März 2025)


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