Özdemir kritisiert Scheuers Ultimatum für die Bahn

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Der ehemalige Grünen-Chef Cem Özdemir hat scharfe Kritik an Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und seinem Ultimatum für die Bahn geübt. "Da spricht ein CSU-Verkehrsminister, der dafür verantwortlich ist, dass wir in Deutschland 60 Prozent elektrifizierte Eisenbahn haben. In der Schweiz haben wir 100 Prozent", sagte Özdemir in der Sendung "Frühstart" der RTL/n-tv-Redaktion.

Scheuer wisse noch gar nicht, "dass die elektrifizierte Eisenbahn erfunden worden ist, dass man nicht mehr mit der Diesellok fahren muss". Es werde Zeit, dass die CSU das Verkehrsministerium nicht "wie eine Art Strafbataillon" behandle, forderte Özdemir, der Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag ist. "Da schickt man doch nicht diejenigen hin, die Versager sind. Da schickt man die besten Leute hin, die eine Vision davon haben, wie eine moderne Schiene organisiert ist. Die Schweiz kann es doch auch, wir sind doch nicht blöder in Deutschland. Wir haben auch gute Ingenieure, wir haben auch gute Planer, wir haben gute Forscher." Man habe das Pech, dass das Verkehrsministerium immer in CSU-Hand sei, die offensichtlich für die Bahn nicht viel übrig habe, so Özdemir weiter. 5.000 bis 6.000 Kilometer Eisenbahnstrecken seien stillgelegt in Deutschland. Geld für Reaktivierung, die vor Ort gewollt sei, fehle, ebenso für Eisenbahn-Endpunkte, die seit Jahren nicht saniert worden seien, sagte der Grünen-Politiker. Jetzt mache Scheuer die Bahn dafür verantwortlich. "Das ist typisch Scheuer, es sind immer andere. Wie bei der Maut, er selber ist es nie." Die Ziele, die sich die Bundesregierung in ihre Koalitionsvereinbarung geschrieben hatte, sind laut Özdemir nicht verkehrt: "eine Verdopplung des Personenaufkommens auf der Schiene bis 2030, der Deutschland-Takt, dass wir alle größeren Städte miteinander verbinden, im Idealfall im Halbstundentakt oder gar häufiger, das ist ja alles nicht falsch". Er sehe nur nicht, dass dafür Geld zur Verfügung gestellt werde. "Die Bundesregierung glaubt, so macht man Politik: Ich schreibe irgendein Ziel irgendwo rein, dann passiert das von selber. Man muss aber was dafür tun. Man muss Geld zur Verfügung stellen, man muss rechnen: Wie viel Geld brauche ich Jahr für Jahr? Man nennt das Handwerkszeug."