Palliativmediziner kritisiert derzeitige Gesetzeslage zur Sterbehilfe

Krankenhausflur, über dts Nachrichtenagentur

Witten (dts Nachrichtenagentur) – Kurz vor dem erwarteten Urteil des Bundesverfassungsgerichts am Mittwoch hat der Palliativmediziner Matthias Thöns die momentane Gesetzeslage zur Sterbehilfe in Deutschland scharf kritisiert. "Schwerkranke werden in unseren Pflegeheimen, auf Intensivstationen und Kliniken geradezu zum Leben genötigt", sagte Thöns am Dienstag dem Deutschlandfunk. Es werde Intensivmedizin gemacht, teils gegen den Willen der Patienten.

Er selbst habe Verfassungsbeschwerde gegen die derzeitige Gesetzeslage zur Sterbehilfe eingelegt, so der Palliativmediziner. "Man muss wissen, dass in Deutschland Beatmung so gut bezahlt wird wie nichts anderes. Wir haben mittlerweile 1.500 Menschen zwischen 90 und 100 Jahren, die werden zu Hause in Kellerräumen zum Teil langzeitbeatmet und am Sterben gehindert", sagte Thöns. Dies seien "doch die Ängste, die die Menschen haben. Das ist zum Fremdschämen, was da manche Kollegen machen", so der Mediziner weiter. Nun werde unterstellt, wenn dieses Gesetz nicht mehr da wäre, "würden die alle zum Suizid gedrängt werden. Das ist doch völliger Quatsch", sagte Thöns. Einen tatsächlichen Wunsch zur Sterbehilfe erlebe er auch nur bei einem von 400 Patienten. Die Rechtslage habe es vor 2015 seit 1871 gegeben, und man habe keine Dammbrüche gehabt. Momentan werde seine "ganz normale palliativärztliche Tätigkeit kriminalisiert", so der Mediziner weiter. So könne er Patienten, die über starke Schmerzen klagten, keine Schmerzmittel mehr verschreiben, "in der Angst, dass hinterher jemand behauptet, ich hab dem tödlich wirkende Medikamente verschrieben, und der hat sich damit dann das Leben genommen. Und so ein Ermittlungsverfahren hatte ich eben auch", sagte Thöns dem Deutschlandfunk. Einerseits betreffe das Gesetz "absolute Ausnahmefälle, und andererseits kriminalisiert es meine ganz normale ärztliche Tätigkeit. Das geht gar nicht", so der Palliativmediziner.

Foto: Krankenhausflur, über dts Nachrichtenagentur