Der Tabubruch im Talkshow-Studio
Was sich da bei Sandra Maischberger abspielte, war kein politisches Konzept, sondern ein gefährlicher Drahtseilakt auf dem Rücken der Demokratie. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, ohnehin bekannt für seine schamlosen Grenzüberschreitungen, schockierte mit einem Vorstoß, der selbst hartgesottene Zuschauer sprachlos zurückließ: Die AfD solle unter Führung der CDU mitregieren – zumindest im Osten. Was auf den ersten Blick wie ein kalkulierter Vorschlag wirken mag, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als brandgefährliche Normalisierung des politischen Radikalismus. Palmer verkauft diese Idee als strategische Entzauberung, doch in Wahrheit zündet er die Lunte an einem bröckelnden demokratischen Fundament.
Der Applaus der Falschen
Der Vorschlag kommt nicht aus einer Not, sondern aus einer erschreckenden Naivität – oder schlimmer noch: aus einem eiskalten Kalkül, das mit demokratischer Verantwortung nichts mehr zu tun hat. Wer mit der AfD gemeinsame Sache machen will, lädt den Hass in die Regierung ein. Palmer, der sich gerne als Querdenker stilisiert, stellt sich mit diesem Vorstoß an die Seite derer, die unsere Gesellschaft spalten. Diejenigen, die diesen Kurs feiern, sind nicht die stillen Brückenbauer, sondern jene, die längst damit beschäftigt sind, jede Form des gesellschaftlichen Miteinanders zu zersetzen. Dass Palmer in Tübingen schon mit Krawallen auf seinen AfD-Flirt stieß, scheint ihn nicht zu stören – im Gegenteil: Er interpretiert Protest als Publicity, Unruhe als Relevanz.
Demokratie als Experimentierfeld
Was bleibt, ist das Bild eines Mannes, der glaubt, mit gefährlichem Spieltrieb politische Probleme lösen zu können. Palmer reduziert Demokratie auf ein Labor, in dem man politische Extreme „testen“ könne – als wäre Integration von Hass und Hetze ein kontrollierbarer Prozess. Doch wer mit Brandstiftern koaliert, darf sich nicht wundern, wenn es brennt. Die Idee, die AfD durch Regierungsverantwortung zu entlarven, ist nicht nur weltfremd, sondern zynisch. Man spielt nicht mit dem Feuer, um die Glut zu untersuchen. Palmer hat mit diesem Auftritt keine Lösung geliefert, sondern ein weiteres Problem geschaffen – und eines, das nachwirken wird. Denn jede Bühne, die man der AfD bietet, wird von ihr zur Tribüne gemacht.
