Psychiatrie-News: Zahl der Bundeswehrsoldaten mit Kriegstraumata bleibt hoch – – Wehrbeauftragter kritisiert Engpässe bei Behandlung

Kriegstraumata

 

2018 gab es 182 neue Fälle – Wehrbeauftragter kritisiert Engpässe bei Behandlung

Osnabrück. Die Zahl der Soldaten mit Kriegstraumata bleibt auf konstant hohem Niveau – obwohl der Kampfeinsatz der Bundeswehr in Afghanistan schon seit Jahren beendet ist und zunehmend weniger Soldaten in Einsätze geschickt werden. 2018 wurde bei 182 Soldatinnen und Soldaten eine einsatzbedingte Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) neu diagnostiziert – zwölf mehr als im Jahr 2017. Das berichtet die “Neue Osnabrücker Zeitung” unter Berufung auf den Sanitätsdienst der Bundeswehr. Andere einsatzbedingte Störungen wie Depressionen gingen dem Sanitätsdienst zufolge weiter leicht zurück. Insgesamt wurde somit im vergangenen Jahr bei 279 Soldaten eine einsatzbedingte psychiatrische Erkrankung diagnostiziert – das waren in etwa so viele Neuerkrankungen wie 2017 mit 274 Fällen.

Die tatsächlichen Erkrankungen dürften allerdings höher liegen, denn gezählt werden nur die Fälle, die in Bundeswehreinrichtungen behandelt werden. Der Nato-geführte ISAF-Kampfeinsatz in Afghanistan endete im Dezember 2014. Dass die Zahlen dennoch konstant blieben, erklärt das Verteidigungsministerium damit, dass Symptome oft erst zeitverzögert auftreten und viele Soldaten erst Jahre später zum Arzt gehen – dies gehöre zum Krankheitsbild. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums teilte der “NOZ” mit: “Häufig nehmen Betroffene oder deren Umfeld erst Jahre nach dem auslösenden Ereignis eine unserer vielen Hilfsmöglichkeiten wahr.” Das Ministerium bemühe sich darum, entlassene Soldaten und deren Angehörige über die Hilfsangebote auch lange nach dem Verlassen der Bundeswehr aufzuklären

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, geht davon aus, dass “viele Soldaten sich auch erst später melden, weil erst heute PTBS wie eine körperliche Verwundung angesehen wird.” Bei vielen Soldaten seien die Erkrankungen inzwischen aber chronisch und es sei fraglich, ob die Bundeswehr den bestehenden Behandlungsbedarf noch adäquat befriedigen könne – zumal in den psychiatrischen Abteilungen der Bundeswehrkrankenhäuser ein Teil der Stellen nicht besetzt sei. Bartels kritisierte diese Engpässe und sagte: “Hier gibt es immer noch nicht besetzte Dienstposten. Aber insgesamt ist schon vieles besser geworden.” An diesem Dienstag legt der Wehrbeauftragte seinen Jahresbericht vor, der detaillierte Zahlen zum Zustand der Truppe enthält.

Wehrbeauftragter fordert muslimische Seelsorger für die Truppe

Bartels: Vorbild kann Österreich sein

Osnabrück. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, hat erneut ehrenamtliche Seelsorger für muslimische Bundeswehr-Soldaten gefordert. Diese sollten analog zu katholischen und evangelischen Militärgeistlichen den Soldaten unter anderem im Einsatz Beistand leisten. Der Wehrbeauftragte verlangte gegenüber der “Neuen Osnabrücker Zeitung” eine baldige Entscheidung in dieser Frage: “Das Verteidigungsministerium prüft dieses Thema nun seit sieben Jahren. Vielleicht könnte man mal zu einem abschließenden Ergebnis kommen.”

Muslimverbände fordern dies seit Jahren. In der Truppe gibt es etwa 1500 Muslime, das entspricht weniger als einem Prozent der Soldaten. Für hauptamtliche Militär-Imame ist nach Ansicht von Bartels die Zahl der Betroffenen zu gering, zumal die muslimischen Soldaten über viele Standorte verteilt seien und konkurrierenden Islamrichtungen angehörten. Bartels schlug deshalb vor: “Aufgrund der unterschiedlichen muslimischen Glaubensrichtungen wäre es sehr gut, mehrere muslimische Seelsorger zu ernennen, die gegebenenfalls auch nebenamtlich Dienst tun könnten. Sie könnten zertifiziert werden und Weiterbildungen über die Bundeswehr bekommen.” Als Vorbild nannte Bartels Österreich, wo zwei Militär-Imame für die Truppe benannt wurden.

 

Neue Osnabrücker Zeitung