SPD-Wirtschaftsforum will schnelle Entscheidung über GroKo-Zukunft

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Der Schatzmeister des SPD-Wirtschaftsforums, Harald Christ, hat eine möglichst rasche Entscheidung seiner Partei über die Fortführung der Großen Koalition gefordert. "Die SPD sollte die Entscheidung vorverlegen, ob sie die Große Koalition bis zum Ende durchzieht, und die Debatte nicht erst im Herbst führen, wenn im Osten weitere Wahlen anstehen", schreibt Christ in einem Beitrag für die "Bild" (Dienstagsausgabe). Es gehe inzwischen um die "blanke Existenz" als Volkspartei in der Noch-GroKo.

"Ein `Wir-haben-verstanden-aber machen-weiter-wie-bisher` wäre das Aus für die SPD und ihre Führung." Maßgeblich für "die katastrophalen Ergebnisse der SPD" seien "jene Kräfte in der Partei, die kurz vor der Wahl eine erneute Personaldebatte um die Führung losgetreten haben", so Christ weiter. "Bei allen Lippenbekenntnissen: Da ging es nicht um die Zukunft der Partei sondern um persönliche Vergangenheitsbewältigung, um puren Egoismus und eigene Positionierung. So was tut man nicht bevor überhaupt der Wähler zum Zug kam." Die Namen von Ex-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Ex-Parteichef Sigmar Gabriel nannte Christ in seinem Beitrag nicht. Aus Sicht des Schatzmeisters des SPD-Wirtschaftsforums ist das Abschneiden von Union, SPD und Grünen bei der EU-Wahl "ein epochales Ereignis, das die Bundesrepublik ähnlich verändern könnte wie die 68er-Bewegung vor 50 Jahren!", schreibt Christ in seinem Betrag für die Zeitung: "Ende der Sechziger beanspruchten junge Menschen auf der Straße die Zukunft für sich und ihren Kampf. Heute tun sie es im Netz. Ich nehme alle diese Botschaften sehr ernst und es sollte nicht die Arroganz der älteren sein, das zu ignorieren. Das Ergebnis ist das gleiche: Den großen Parteien wird die Kompetenz entzogen." Union und SPD hätten "den schleichenden Prozess allzu lange ignoriert, teils sogar belächelt", so Christ. "Sie dürfen sich nicht täuschen: Das ist keine Eintagsfliege. Wer in Zukunft noch Mehrheiten sammeln und Politik gestalten will, muss auf die Proteste und ihre Anliegen tatsächlich eingehen oder er wird – zusammen mit dem politischen System, wie wir es kennen – nicht mehr bestehen können." Der Trend betreffe "nicht nur Parteien", so der SPD-Politiker. Er werde sich "in der gesamten Gesellschaft auswirken: Unternehmer, Konzerne, Verbände müssen sich dem Bruch zwischen Alt und Jung stellen, zwischen Bewahren und Entwickeln. Wer Waren oder Dienstleistungen produziert, muss in Zukunft glaubhaft machen, dass er Themen wie Klima, Teilhabe, soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit tatsächlich mitdenkt – oder die Kunden werden das Produkt immer öfter abwählen."