stern: Neue Zeugenaussage im Fall Jenny Böken!

 

 

Hamburg  – Bis heute ist ungeklärt, warum die Kadettin Jenny Böken in der Nacht vom 3. auf den 4. September 2008 über Bord der “Gorch Fock” ging und starb. Nun äußert sich zum ersten Mal außerhalb der Ermittlungen eine der Kadettinnen, die damals mit an Bord war. Aus ihren Aussagen gegenüber stern-Autor Malte Herwig ergibt sich ein Bild der Stimmung, die nach dem Vorfall unter den jungen Offiziersanwärterinnen herrschte, eine Mischung aus kollektiver Panik und individueller Gleichgültigkeit.

Die Kadettin, die zur selben Zeit wie Böken Wache an Deck hatte, berichtet, sie habe “schätzungsweise zehn nach halb zwölf” Schreie von Steuerbord gehört. Dann habe der Posten “Rettungsboje” etwas gesehen, und das Kommando “Mann über Bord” sei ausgelöst worden: “Wir haben die Segel in Trichterstellung gebracht, weil man so ein Boot nicht einfach anhalten kann. Haben gezogen an den Tampen, als gäb’s kein Morgen mehr.”

Schließlich bekamen sie und ihre Kameradinnen den Befehl, unter Deck zu gehen und zu schlafen. “Das hat natürlich nicht funktioniert. Es war so komisch, dass wir alle in unseren Hängematten lagen, nur sie halt nicht. Wir haben immer rausgeschaut durchs Bullauge und Angst gehabt, dass sie da vorbeischwimmt. Wir haben richtige Horrorvorstellungen gehabt.”

Dennoch schien von den Kadettinnen niemand über den Verlust der Kameradin zu trauern. Erst als die Marine einen Militärpfarrer zur Betreuung schickte, sei es zum Streit gekommen, wie die ehemalige Kadettin berichtet: “Da haben sich die Mädels gegenseitig beschuldigt: Als es passiert ist, warst du doch auch nicht traurig, da brauchst du auch nicht so zu tun. Das war ein Zickenkrieg.”

Die ARD arbeitet den Fall jetzt in fiktionalisierter Form in dem Film “Tod einer Kadettin” auf (Das Erste, 5. April 20:15 Uhr).