Umweltreport: #Grillkohle stammt zum #Großteil aus #Regionen mit #illegalem Holzeinschlag!

In Deutschland verkaufte Grillkohle enthält bedenklich hohe Anteile 
an Tropenholz und Holz aus geschützten osteuropäischen Urwäldern. Das
ergibt eine gemeinsame Marktanalyse des NDR und des "World Wide Fund 
for Nature" (WWF) für die Dokumentation "Die Story im Ersten - Das 
schmutzige Geschäft mit der Grillkohle" (Montag, 2. Juli 2018 um 
23.45 Uhr im Ersten).

Untersucht wurden 36 Grillkohlen aus Baumärkten, von Tankstellen, 
Supermärkten und Discountern. Danach enthalten 42 Prozent der 
getesteten Produkte Tropenholz-Anteile. 61 Prozent sind 
hochrisikobehaftet, weil sie aus Regionen mit umfangreichem illegalen
Holzeinschlag stammen. Die Prüfergebnisse des renommierten 
Thünen-Instituts für Holzforschung bestätigen den Befund einer 
vergleichbaren Untersuchung aus dem Vorjahr. Entgegen aller 
Beteuerungen der Holzkohle-Branche, sich für Artenschutz und 
nachhaltige Waldwirtschaft einzusetzen, hat sich also nichts 
geändert.

Grillkohle aus Tropenholz

Erstmals fanden die Forscher des Thünen-Instituts auch Tropenholz in 
Produkten mit den Öko-Siegeln FSC oder PEFC: "Grill-Meister-Briketts"
werden bei Lidl verkauft, "Best of BBQ-Holzkohle" bei Netto. Auch 
getestete Produkte von ALDI, Penny, REWE und anderen Märkten 
enthalten Tropenholz - sie tragen allerdings kein Öko-Siegel.

Die Holzkohle von Lidl und Netto stammt vom polnischen Händler 
Dancoal, einem der Großen in der Branche. Lidl erklärt auf Anfrage, 
man werde der Sache nachgehen. Grundsätzlich vertraue man auf die 
Zertifizierung durch den FSC, außerdem seien die Lieferanten 
vertraglich verpflichtet, nur Kohle aus nachhaltiger Forstwirtschaft 
zu verwenden. Netto reicht NDR und WWF die Auskunft von Dancoal 
weiter, es handele sich um "Resthölzer" aus der Produktion in den 
Tropen. Dem Zertifizierer PEFC schreibt Dancoal hingegen, die Hölzer 
stammten aus Spanien und Polen.

Ein weiteres Problem: Viele der untersuchten Produkte enthalten keine
oder falsche Angaben zu Holzart und Herkunft. So wirbt die bei 
Bauhaus vertriebene "Flash Barbecue Season"-Holzkohle mit dem 
Aufdruck "Kein Tropenholz". Tatsächlich besteht die Ware jedoch laut 
Thünen-Institut - wie schon im Vorjahr - zu mehr als der Hälfte aus 
tropischen Holzarten.

85 Prozent der in Deutschland verkauften Holzkohle sind importiert. 
Einzige einheimische Hersteller sind das Startup Nero in Saarbrücken 
und proFagus in Bodenfelde. In den Produkten, die unter dem 
Markennamen "proFagus" vertrieben werden, fanden die Forscher keine 
Auffälligkeiten. Zur proFagus-Gruppe gehört allerdings auch die 
Grill-Country Vertriebsgesellschaft mbH. Ihre bei Penny unter dem 
Namen "Grill Country" vertriebenen Holzkohlen und Briketts enthalten 
Tropenholz. Laut Penny handelt es sich um nicht-zertifizierte 
Altware, die abverkauft werde. Mittlerweile verwende man nur noch 
FSC-zertifizierte Produkte.

Regelungslücke erlaubt Import 

In Deutschland werden pro Jahr durchschnittlich 250.000 Tonnen 
Holzkohle verbraucht, in diesem Jahr wegen des guten Wetters sicher 
noch viel mehr. Als Kohle-Griller sind wir Europameister! Und tragen 
damit, meist ohne es zu wissen, zur Zerstörung von Tropen- und 
Urwäldern bei. Denn während der "reine" Import von Tropenholz oder 
illegal geschlagenem Stammholz aus osteuropäischen Urwäldern verboten
ist, gilt das nicht, wenn diese Hölzer vorher zu Kohle verarbeitet 
wurden. Hier klafft eine Regelungslücke in der seit 2013 geltenden 
EU-Holzhandelsverordnung EUTR.

Eine wichtige Drehscheibe für den Handel mit Holzkohle ist Polen. 
Hier wird Holzkohle aus vielen Ländern handelsfertig portioniert und 
verpackt. Darunter Kohle aus Nigeria, Paraguay und der Ukraine. Diese
Länder sind bekannt dafür, dass sie es mit dem Schutz des Waldes 
nicht so genau nehmen. Vielmehr begünstigen Korruption, organisierte 
Kriminalität und die Armut der Menschen den systematischen Raubbau an
der Natur.

Zudem sind Nigeria und andere Länder Westafrikas schon länger im 
Visier von Interpol und anderen internationalen Organisationen. Der 
begründete Verdacht: Zusammenarbeit mit organisierter Kriminalität, 
aber auch Finanzierung von Terror durch die Holzmafia, zum Beispiel 
der Terrormiliz Al Shabaab.

Keine Garantie durch Siegel und Zertifikate

Ein zentrales Problem neben der Regelungslücke in der EUTR-Verordnung
stellen fragwürdige Zertifikate dar, die den Verbrauchern trügerische
Sicherheit vortäuschen. Insbesondere beim größten Siegel FSC, es 
steht für "Forest Stewardship Council®" und ist ein internationales 
Zertifizierungssystem für Waldwirtschaft, gibt es im Zusammenhang mit
Holzkohle Unregelmäßigkeiten. Gründungsmitglied Greenpeace hat den 
FSC kürzlich unter Protest verlassen. 
Importeure, Handel und Zertifizierer sind sensibilisiert und bemühen 
sich nach eigenem Bekunden um "saubere" Holzkohle. Die NDR 
Dokumentation zeigt jedoch, dass es bis dahin noch ein weiter Weg 
ist. Denn die Kontrollen sind schwach und die Strafen in den 
Problemländern gering.

Hinzu kommt: Die Zertifizierung beispielsweise durch den FSC ist 
freiwillig, Hersteller und Händler müssen für die Zertifikate zahlen.
Ein FSC-Mitarbeiter in der Ukraine räumt ein: Eigentlich müssten wir 
strenger und häufiger kontrollieren. Das aber würde teurer, und wir 
würden möglicherweise Kunden verlieren.

Der WWF und andere Umweltschutzorganisationen unterstützen zwar 
weiterhin den FSC. Eine bessere Alternative zu diesem Siegel gebe es 
nicht, heißt es. Gleichzeitig kämpft insbesondere der WWF für eine 
Novelle der Europäischen Holzhandelsverordnung EUTR. Die 
Holzkohlebranche in Deutschland will von Gesetzesverschärfungen und 
besseren Kontrollen allerdings offenbar nichts wissen. Eine 
entsprechende Anfrage beim Verband BIAG blieb unbeantwortet.

Die Story im Ersten: Das schmutzige Geschäft mit der Grillkohle 

Die "Story im Ersten" bildet "Das schmutzige Geschäft mit der 
Grillkohle" umfassend und facettenreich ab. Die NDR Autoren Johannes 
Bünger und Vivien Pieper begleiten Johannes Zahnen vom WWF, 
Deutschlands führenden Experten für Holzhandelsströme, bei seinen 
Recherchen in Polen und der Ukraine. Zahnen wird unterstützt von 
lokalen WWF-Mitarbeitern und Umweltaktivisten.

"Die Story im Ersten - Das schmutzige Geschäft mit der Grillkohle", 
ist zu sehen am Montag, 2. Juli, ab 23.45 Uhr im Ersten. 
Weitere Infos: http://www.daserste.de/information/reportage-dokumenta
tion/dokus/sendung/das-schmutzige-geschaeft-mit-der-grillkohle-100.ht
ml

 

 

NDR / Das Erste
Dokumentation und Reportage