Frankfurt am Main, 26.07.2017
Nr. 09/2017
Verwaltungsgericht untersagt Abschiebung eines unter Terrorismusverdacht stehenden tunesischen Staatsangehörigen. Die Erklärung der tunesischen Regierung genügt den Anforderungen der Schutzauflagen im Beschluss vom 05.04.2017 nicht.
Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat heute auf einen Eilrechtsschutzantrag eines tunesischen Staatsangehörigen, der im Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat steht, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die für die Abschiebung zuständige Ausländerbehörde auf Grundlage der Verbalnote der tunesischen Regierung vom 11.07.2017 über das Vorliegen einer vollziehbaren Abschiebungsandrohung zu unterrichten und hierdurch die Abschiebung des Antragstellers einzuleiten.
Das Gericht hatte zuvor mit Beschluss vom 05.04.2017 (Az. 6 L 2695/17.F.A) den Antrag des Antragstellers auf Gewährung von vorläufigem Rechtschutz gegen seine Abschiebung nach Tunesien unter den Bedingungen abgelehnt, dass die tunesische Regierung vor einer Abschiebung des Antragstellers völkerrechtlich verbindlich gegenüber der Bundesregierung zugesichert hat, dass gegen den Antragsteller nicht die Todesstrafe verhängt werden wird, dass seine Behandlung und Unterbringung in allen Stadien des Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens einschließlich einer sich etwa anschließenden Strafvollstreckung den Anforderungen der EMRK entsprechen wird, dass der zuständigen konsularischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland jederzeit ungehinderter Zugang zu dem Antragsteller gewährt werden wird, solange sich dieser in Haft befindet, und dass dem Rechtsbeistand des Antragstellers neben einem ungehinderten Zugang zum Antragsteller während seiner Haftzeit das Recht eingeräumt wird, bei jeder Vernehmung des Antragstellers anwesend zu sein. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Presseinformation Nr. 03/2017 vom 05.04.2017 verwiesen.
Das Gericht hat nun im Beschluss vom heutigen Tage ausgeführt, dass eine vollziehbare Abschiebungsandrohung – und damit die Vorbedingung für Abschiebemaßnahmen der zuständigen Ausländerbehörde – nicht vorliegt, da die im Beschluss vom 05.04.2017 enthaltenen Bedingungen nicht vollständig erfüllt sind. Die nunmehr eingeholte und vorgelegte Verbalnote der tunesischen Regierung vom 11.07.2017 erfüllt nach Auffassung des Gerichts die Bedingung, dass völkerrechtlich verbindlich gegenüber der Bundesregierung durch die tunesische Regierung zugesichert wird, dass gegen den Antragsteller die Todesstrafe nicht verhängt werden wird, nicht. Auch eine Zusicherung, dass eine möglicherweise gegen den Antragsteller verhängte Todesstrafe später nicht vollstreckt wird, hat das tunesische Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten in der Verbalnote nicht abgegeben. Den allgemeinen Hinweis, dass Tunesien ein (Vollstreckungs-) Moratorium einhalte, auch wenn im tunesischen Strafgesetzbuch die Todesstrafe vorgesehen sei, hat das Gericht, wie schon in seinem Beschluss vom 05.04.2017, nicht als ausreichend angesehen. Nach Auffassung des Gerichts vermittelt die Verbalnote insgesamt dem Antragsteller keinen hinreichenden Schutz vor der Todesstrafe.
Für eine Modifizierung der in dem Beschluss vom 05.04.2017 formulierten Bedingungen für eine Abschiebung des Antragstellers, sah die 6. Kammer keine Veranlassung. Dies umso mehr als nicht dargetan ist, weshalb keine Garantien beigebracht wurden, die den Bedingungen im Beschluss vom 05.04.2017 vollständig entsprechen.
Die Entscheidung der 6. Kammer (Az. 6 L 6363/17.F.A) ist unanfechtbar.
Az.: 6 L 6363/17.F.A
Quelle: https://vg-frankfurt-justiz.hessen.de