Wehrdienst im Heimatschutz zieht viele Minderjährige an

Bundeswehrsoldaten fahren Bahn, über dts Nachrichtenagentur

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Der neue freiwillige Wehrdienst im Heimatschutz der Bundeswehr zieht offenbar überdurchschnittlich viele Minderjährige an. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Einzelfrage des Linke-Bundestagsabgeordneten Norbert Müller hervor, über welche die "Welt" (Montagsausgabe) berichtet. Unter den 1.800 Interessenten, die sich zum Bewerbungsstart am 1. September gemeldet hatten, sind demnach 339 Jugendliche unter 18 Jahren.

Damit ist fast jeder fünfte Interessent für den neuen Heimatschutzdienst minderjährig. Zum Vergleich: Im Rest der Truppe lag die Quote minderjähriger Rekruten im Jahr 2019 bei 8,5 Prozent. "Das ist alarmierend. Im Schatten des normalen Wehrdienstes, bei dem wir die Einstellung Minderjähriger seit Jahren kritisieren, wird nun ein neues Rekrutierungsfeld erschlossen", kritisierte Müller, der Vorsitzender der Kinderkommission des Bundestages ist. Er forderte einen Rekrutierungsstopp für unter 18-Jährige. Deutschland hatte im Jahr 2004 das Fakultativprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet, wonach für die Streitkräfte eigentlich ein Mindestalter von 18 Jahren gilt. Die Bundeswehr macht allerdings wie einige andere Vertragsstaaten von der Ausnahmeregelung Gebrauch, auch schon 17-jährige Freiwillige zu Ausbildungszwecken zu rekrutieren – wenn die Eltern zustimmen. In der Antwort an Müller verteidigte Peter Tauber (CDU), Staatssekretär im Verteidigungsministerium, diese Praxis. "Durch eine um fassende Aufklärung und Beratung zu den Chancen und Risiken des Soldatenberufes und ein umfangreiches, wissenschaftsbasiertes und eignungsdiagnostisches Assessment-Verfahren stellt die Bundeswehr darüber hinaus sicher, dass nur 17-Jährige eingestellt werden, die sich eingehend mit den Anforderungen des Soldatenberufes auseinandergesetzt haben und die erforderliche Eignung aufweisen." Das Bündnis "Unter 18 nie" kritisiert den Wehrdienst im Heimatschutz. "Der neue Freiwillige Wehrdienst im Heimatschutz ist ein Werbetrick, um gezielt junge Menschen und Minderjährige als Soldaten anzuwerben. Die Bundeswehr setzt ihr Rekrutierungsinteresse über den Kindesschutz und die Einhaltung der Kinderrechte", sagte der Sprecher des Bündnisses, Ralf Willinger von der Kinderrechtsorganisation Terre des Hommes, der "Welt". Den jungen Menschen werde vorgegaukelt, es gehe vorrangig um Hilfseinsätze bei Überschwemmungen oder Naturkatastrophen. In Wahrheit aber durchliefen die jungen Rekruten eine herkömmliche militärische Ausbildung.

Foto: Bundeswehrsoldaten fahren Bahn, über dts Nachrichtenagentur