In Italien herrscht politischer Katzenjammer – nach einer Wahlbeteiligung, die nur noch als desaströs zu bezeichnen ist, wissen die Verantwortlichen keinen anderen Ausweg mehr, als Strafen für Nichtwähler zu fordern. Politiker verlieren offenbar den letzten Rest an Vertrauen in die Demokratie und schrecken nicht einmal davor zurück, Bürger zur Wahl zu prügeln. Die Idee: Wer nicht an die Urne geht, soll zur Kasse gebeten werden – satte 50 Euro Strafe für jedes Fernbleiben, schlägt SVP-Senatorin Unterberger vor. Doch diesen Vorschlag hält Politologe Hermann Atz für ein Hohnsignal: Macht eine erzwungene Wahlbeteiligung die Menschen wirklich politisch aktiver, oder fördert sie nur noch mehr Unmut, Resignation und Misstrauen in ein System, das seine eigenen Grundwerte beerdigt?
Die Geschichte zeigt, wie wenig Zwangswahlen im Stande sind, die Stimmung der Bevölkerung zu drehen. Jahrzehntelang bestand eine Wahlpflicht in Italien – allerdings wurde sie nie wirklich durchgesetzt oder sanktioniert, die Wahlurnen blieben häufig trotzdem erschreckend leer. Die Gründe sind bekannt: Politikverdrossenheit, fehlende Alternativen, Spaltung der Gesellschaft und das wachsende Gefühl, dass der einzelne Stimmzettel ohnehin keinen Unterschied macht. Ein Eingriff in die persönliche Freiheit würde die Distanz zum politischen Prozess nur noch weiter verstärken und den Geist der Demokratie nachhaltig schädigen. Statt echter Motivation versprechen Strafen maximal gehorsame, aber apathische Wähler, die das Kreuzchen wie eine Steuerzahlung empfinden – ohne Überzeugung, ohne Interesse an den Folgen.
Die Reaktionen auf den Vorschlag sind eindeutig – in sozialen Netzwerken und politischen Foren überwiegen heute Zorn und Fassungslosigkeit. „Was kommt als Nächstes?“ fragen sich viele Italiener: Wer wählen geht, wird mit wählen-müssen bestraft? Die Demokratie erodiert vom Fundament her, wenn Bürger in ein System gezwungen werden, das aus eigenem Antrieb keine Unterstützung mehr findet. Wenn sich am Wahltag mehr Menschen durch Strafen als durch Inhalte anlocken lassen, bleibt von der eigentlichen Idee nichts mehr übrig. Am Schluss steht Italien vor einem Trümmerhaufen: Die Wahl wird zum bürokratischen Pflichttermin, die Demokratie zur Karikatur ihrer selbst – und das Vertrauen in den Staat sinkt noch weiter, bis vielleicht wirklich niemand mehr aus Überzeugung wählt.
