Die Geister-Lehrerin: Wie eine Beamtin 16 Jahre lang Gehalt bezog, ohne je die Schule zu betreten

Hannover – Ein Fall von beispiellosem Behördenversagen erschüttert das niedersächsische Schulsystem. Eine Studienrätin war 16 Jahre lang krankgeschrieben und bezog volle Bezüge, ohne dass es jemandem auffiel. Der amtierende Schulleiter hatte ihren Namen noch nie gehört. Gleichzeitig steht der ungeheuerliche Verdacht im Raum, die Frau habe während ihrer angeblichen Krankheit als Heilpraktikerin gearbeitet. Der Fall wirft ein grelles Licht auf die grotesken Lücken in der Verwaltung.

Die unglaubliche Geschichte kam erst durch einen Zufall ans Licht. Ein neuer Schulleiter eines Gymnasiums in Niedersachsen wollte einen ungenutzten Spind im Lehrerzimmer neu vergeben. Als er sich nach der ihm unbekannten Kollegin erkundigte, deren Name auf dem Spind stand, erntete er nur ratloses Schulterzucken. Niemand im Kollegium kannte die Frau. Eine Nachforschung in den Akten brachte die schockierende Wahrheit ans Tageslicht: Die Lehrerin war seit 2007, also seit 16 Jahren, durchgehend krankgeschrieben.

Ein Phantom im System – bezahlt vom Steuerzahler

Für das Land Niedersachsen und den Steuerzahler ist der Fall ein teures Debakel. Über den gesamten Zeitraum von 16 Jahren dürfte sich das an die Beamtin gezahlte Gehalt auf eine Summe von über 800.000 Euro summieren. Dass ihr Fehlen nicht auffiel, ist auf ein fatales Versäumnis in der Bürokratie zurückzuführen.

Nach den geltenden Verfahren meldet die Schule eine Langzeiterkrankung an das zuständige Regionale Landesamt für Schule und Bildung (RLSB). Ab diesem Zeitpunkt ist die Behörde, nicht mehr die Schule, für die weitere Betreuung und Überprüfung des Falls zuständig. Durch Personalwechsel sowohl in der Schulleitung als auch in der Behörde über die Jahre geriet die Akte der Lehrerin offenbar komplett in Vergessenheit. Es gab keine regelmäßigen Überprüfungen, keine amtsärztlichen Untersuchungen – die Bezüge flossen einfach weiter.

Verdacht auf illegale Nebentätigkeit als Heilpraktikerin

Besonders brisant wird der Fall durch den Verdacht, die Frau sei keineswegs zu krank zum Arbeiten gewesen. Recherchen ergaben, dass sie während ihrer Krankschreibung möglicherweise einer Nebentätigkeit als Heilpraktikerin nachging. Für Beamte ist eine solche Tätigkeit während des Krankheitsbezugs ein schweres Dienstvergehen und könnte, falls nachgewiesen, zur fristlosen Entfernung aus dem Dienst und zur Rückforderung der gezahlten Bezüge führen.

Das niedersächsische Kultusministerium reagierte fassungslos. Man sprach von einem „einmaligen und unentschuldbaren Versäumnis“ und kündigte eine lückenlose Aufklärung sowie die sofortige Einleitung eines Disziplinarverfahrens an. „Wir werden jeden Stein umdrehen, um sicherzustellen, dass sich ein solcher Vorgang niemals wiederholen kann“, erklärte ein Ministeriumssprecher. Die internen Kontrollmechanismen sollen nun auf den Prüfstand und drastisch verschärft werden.

Der Fall der Geister-Lehrerin ist mehr als nur eine bizarre Anekdote. Er ist ein Lehrstück über die Tücken eines schwerfälligen Beamtenapparats und ein Schlag ins Gesicht für jeden pflichtbewussten Pädagogen und Steuerzahler im Land.


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