Nuuk, 12. März 2025 – Die Parlamentswahl in Grönland hat gestern ein überraschendes Ergebnis gebracht: Die wirtschaftsfreundliche Oppositionspartei Demokraatit hat mit 29,9 Prozent der Stimmen einen Erdrutschsieg errungen und ihren Stimmenanteil im Vergleich zu 2021 mehr als verdreifacht. Damit löst sie die bisherige Regierungskoalition um die linke Partei Inuit Ataqatigiit (IA) ab, die nur noch auf den dritten Platz kam. Auch die nationalistische Naleraq-Partei konnte mit 24,5 Prozent deutlich zulegen. Für US-Präsident Donald Trump, der wiederholt Anspruch auf die strategisch wichtige Insel erhoben hat, bedeutet dieses Ergebnis eine empfindliche Niederlage.
Die Wahl stand unter besonderer internationaler Beobachtung, nachdem Trump in den vergangenen Monaten mehrfach angekündigt hatte, Grönland in die USA einzugliedern – notfalls mit wirtschaftlichem oder militärischem Druck. Seine Vision: die Kontrolle über die reichen Bodenschätze der Insel, darunter seltene Erden, und ihre geostrategische Lage in der Arktis zu sichern. Doch die Grönländer haben mit ihrem Votum ein klares Signal gesetzt: Eine Annäherung an die USA steht nicht zur Debatte.
Die siegreichen Demokraatit unter Parteichef Jens Frederik Nielsen setzen auf eine langfristige, behutsame Unabhängigkeit von Dänemark, ohne dabei die wirtschaftliche Stabilität zu gefährden. „Wir wollen Grönland für die Grönländer entwickeln, nicht für ausländische Mächte“, betonte Nielsen in seiner Siegesrede. Die Partei lehnt Trumps Avancen ebenso ab wie einen schnellen Bruch mit Kopenhagen, das Grönland jährlich mit etwa 600 Millionen Euro unterstützt. Auch die zweitplatzierte Naleraq-Partei, die eine rasche Unabhängigkeit anstrebt, machte im Wahlkampf deutlich, dass sie eine Unterordnung unter die USA ablehnt. „Grönland gehört uns, nicht Trump“, sagte Naleraq-Vorsitzender Pele Broberg.
Für Trump, der kurz vor der Wahl auf seiner Plattform Truth Social noch von „Milliardeninvestitionen“ und „Reichtum und Sicherheit“ für Grönland schwärmte, ist das Ergebnis ein Dämpfer. Zwar könnte er den Stimmenzuwachs der Nationalisten als indirekten Erfolg seiner Unabhängigkeitsrhetorik interpretieren, doch die klare Botschaft der Wähler spricht eine andere Sprache: 85 Prozent der Grönländer lehnen laut Umfragen eine Eingliederung in die USA ab. Experten wie der dänische Politikwissenschaftler Rasmus Sinding Søndergaard sehen in dem Wahlausgang keinen Triumph für Trump: „Er wird es als Sieg verkaufen, aber die Realität ist, dass die Grönländer ihre Souveränität wollen – weder unter Dänemark noch unter den USA.“
Die neue Regierung steht vor großen Herausforderungen: Grönland muss wirtschaftlich unabhängiger werden, um die Subventionsabhängigkeit von Dänemark zu reduzieren, ohne dabei die Umweltschutzstandards für den Rohstoffabbau aufzugeben. Trumps Druck könnte paradoxerweise die Unabhängigkeitsdebatte befeuern – allerdings nicht in seinem Sinne. „Die Grönländer haben gezeigt, dass sie keine Schachfigur in Trumps geopolitischen Spielen sein wollen“, fasst Grönland-Experte Ulrik Pram Gad vom Dänischen Institut für Internationale Studien zusammen.
Während in Washington möglicherweise neue Strategien geschmiedet werden, feiern die Demokraatit in Nuuk ihren Sieg. Für Trump bleibt Grönland vorerst ein unerreichbarer Traum – und die Insel ein Symbol für den Widerstand gegen seinen Expansionskurs.