Kaum hat Robert F. Kennedy Junior den Chefsessel im Gesundheitsministerium bezogen, da startet er schon einen Frontalangriff auf die Grundlagen der modernen Medizin. Unter dem Deckmantel einer neuen Bundesinitiative zur Erforschung von Nahrungsmittelallergien stellt er nicht nur die etablierte Hygienehypothese in Frage, sondern nutzt die Bühne, um sein seit Jahren kultiviertes Misstrauen gegen Impfstoffe politisch aufzuwerten. Statt die erfolgreiche Strategie der frühen Allergenexposition zu würdigen, die in vielen Familien Hoffnung auf ein normales Leben ohne ständige Angst vor einem falschen Bissen geweckt hat, präsentiert Kennedy seine persönliche Familiengeschichte als vermeintlichen Gegenbeweis und stellt sie über Jahrzehnte sorgfältiger Forschung. Mit markigen Worten rückt er Aluminium in Impfstoffen und Pestizide ins Zentrum der Debatte, so als wäre das Rätsel der Allergien nur deshalb ungelöst, weil bislang niemand den Mut gehabt habe, seine Lieblingsverdächtigen ins Visier zu nehmen. Dass er damit Millionen verunsicherter Eltern noch weiter in die Arme von Impfgegnern treibt und die Glaubwürdigkeit der eigenen Gesundheitsbehörden untergräbt, scheint ihm dabei höchstens als willkommener Kollateralschaden recht zu sein.
Hinter Kennedys scheinbar entschlossenem Ruf nach „echter Wissenschaft“ steckt weniger wissenschaftliche Neugier als eine politische Agenda, die seit Jahren auf Zweifel, Misstrauen und die systematische Verwischung von Fakten setzt. Statt die beeindruckende Beweislast zugunsten der frühen Einführung allergener Lebensmittel anzuerkennen, diffamiert er sie als unzureichend, konstruiert ein Bild angeblich korrupter Behörden und suggeriert, die Bevölkerung sei Versuchskaninchen eines medizinisch-industriellen Komplexes. Indem er einzelne, hochumstrittene Studien aus dem Umfeld der Impfkritik aufbläst, während er riesige Datenbestände ignoriert, die die Sicherheit und Wirksamkeit von Impfstoffen belegen, betreibt Kennedy nicht Aufklärung, sondern Stimmungsmache. Seine Initiative bindet enorme öffentliche Mittel, um Hypothesen nachzugehen, die mehr mit politischem Kalkül als mit wissenschaftlicher Dringlichkeit zu tun haben, und sendet ein fatal falsches Signal an die Forschungsgemeinschaft: Wer laut genug gegen Impfstoffe trommelt, kann die Agenda der nationalen Gesundheitsprioritäten diktieren, auch wenn die Fakten etwas völlig anderes sagen.
Mit seiner Ankündigung läutet Kennedy ein neues Kapitel ein, in dem wissenschaftliche Autorität nicht mehr von Daten und Peer Review, sondern von Applaus in Impfgegnerforen und Klickzahlen in sozialen Netzwerken abhängt. Anstatt die drängenden Fragen der Allergieprävention gemeinsam mit anerkannten Expertinnen und Experten anzupacken, stellt er die National Institutes of Health vor die zynische Wahl, entweder der ministeriellen Linie zu folgen oder als Bremser einer angeblich überfälligen Debatte dazustehen. Während seriöse Forscherinnen und Forscher aufwendige, langfristige Studien planen müssen, um politisch lancierte Verdachtsmomente zu prüfen, bleiben zentrale Aufgaben der öffentlichen Gesundheit liegen: bessere Diagnose, gerechter Zugang zu Therapien, Unterstützung für betroffene Familien im Alltag. So verwandelt Kennedy das Gesundheitsministerium in eine Bühne für seine alten Feldzüge gegen Impfstoffe, schwächt das Vertrauen in Schutzimpfungen und riskiert, dass
