Pressecop24 und Opposition24 werden LIVE vom den 3 Einzelfallklagen der #Contergangeschädigten vor dem Verwaltungsgericht in Köln am 04.02.19 ab 11:00 Uhr berichten!

 

Am 2.4.2019, um 11.00, 12.00 und 13:00 Uhr finden, vor dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz, Saal 101, 1. Stock) drei Einzelfallklagen auf Anerkennung von angeborenen Gefäß-und Nervenschäden als conterganbedingt statt.

Den Klägern fehlen beidseitig u.a. wichtige Arterien in Armen bzw. Beinen. Dies auch bei , vermeintlich nur geringen, äußerlich sichtbaren Schädigungen. Zusätzlich sind bei den Klägern conterganbedingt Nerven zu dünn angelegt und verursachen sensible Störungen.
Diese – sogenannten Spätschäden – konnten erst durch neueste medizinische Diagnostik festgestellt werden. Internationale Studien und kürzlich eine weitere an der Uniklinik Hamburg-Eppendorf bestätigen eine Häufung von Gefäß – bzw. Nervenschäden bei Thalidomidgeschädigten.

Bereits in den sechziger Jahren äußerte der Pathologe Dr. Görtler, im Rahmen eines internationalen Kongresses unter Beteiligung des Bundesministeriums für Gesundheit, dass die Schäden an Organen, Gefäßen und Nerven bei den Contergankindern in ihrem Ausmaß zum damaligen Zeitpunkt und in der Zukunft noch nicht absehbar seien. Unstreitig ist, dass viele Kinder durch massive Schädigungen am zentralen Nervensystem vor oder gleich nach der Geburt verstarben.

Bereits seit 1940 war bekannt, dass Substanzen mit weniger Molekulargewicht wie 1000 die Plazentaschranke passieren. Thalidomid hat ein Molekulargewicht von 258.
Im Jahr 1961 fragte Dr.Hansle (Heilbronn) bei dem Conterganhersteller, der Firma Grünenthal, deswegen nach. Die Antwort seitens Dr. Werner und Dr. Sievers von Grünenthal lautete, dass „auf Grund der erlangten Erfahrung man behaupten könne, dass es keinen Beweis dafür gäbe, dass Contergan die Plazentaschranke zum Fötus durchbreche“.

Bereits 1958 entdeckte der Virologe Dr. Aygün (Türkei) bei Experimenten an tierischen Gewebekulturen – ein anderer Typ von Laborversuchen, die weder von Grünenthal noch von deren Lizenznehmern durchgeführt wurden-die teratogenen Eigenschaften von Thalidomid. Dr. Aygün schloss auf ein Risiko für den Fötus und informierte Grünenthal über seine Entdeckung. Die Firma wies als Antwort lediglich auf ihre 3000 eigenen Tierversuche hin, bei denen solche Effekte nicht feststellbar gewesen wären. Grünenthal wurde weder selbst tätig, noch gab sie die Entdeckungen von Dr. Aygün bekannt.

Ebenfalls 1958 führte Dr. Randolph Riemschneider Versuche mit Kaulquappen durch. Er stellte bald fest, dass diese, bei Verabreichung von Thalidomid, Missbildungen aufwiesen. Am 1.6.1958 meldete er seine Entdeckung an Grünenthal. Auch in diesem Fall verfolgte das Unternehmen die Hinweise nicht oder gab diese bekannt.

1959 fragte der Gynäkologe Dr. Kreideweiss einen Pharmavertreter von Grünenthal , ob Contergan Missbildungen verursache, da seine Frau nach Einnahme ein missgebildetes Baby zur Welt brachte. Auch in diesem Falle verneinte dies Grünenthal.
Der Umgang der Firma mit internationalen und frühzeitigen Warnungen lautete: „Was nicht sein darf, auch nicht sein kann“.

Dieses Motto wurde bei Gründung der Conterganstiftung 1972, nach fragwürdiger Einstellung des Conterganprozesses (s.h.Forschungsbericht NRW/Conterganprozess/ 2016), im Umgang mit den Geschädigten und ihren Eltern von dieser bis heute übernommen.
Zunächst wurde, unter Mitarbeit der Grünenthal-Anwälte Dr. Dörr und Wartensleben, die heute noch gültige und nie überarbeitete Schadenstabelle mit Punkteformel festgelegt. Wichtige, bereits bekannte Schädigungen (Gleichgewichtsorgan u.a.) wurden in diese Tabelle erst gar nicht übernommen. Also auch nicht bepunktet.

Danach wurde Herr Wartensleben von der deutschen Regierung (Bundesfamilien-und Gesundheitsministerium) bis 2003 zum Vorsitzenden der ärztlichen Gutachter-Kommission der Conterganstiftung berufen bzw. an dieser wichtigen Stelle für Begutachtungen und Entschädigungen installiert.

1983 führte der Staat die sog. Ausschlussfrist gegen die Betroffenen ein, so dass diese bis 2009 keinerlei Möglichkeit hatten – z.B. wenn sie erst nach 1983 erfuhren, dass bei ihnen ein Conterganschaden vorliegen könnte- eine Anerkennung und Rente zu erhalten.
Der Erlass wurde ohne Begründung oder Gegenrede im BT von allen Parteien „durchgewunken“.

Am 10.1.2013 wurde die Stiftung und die ärztliche Kommission schriftlich gebeten, sich an der Weiterentwicklung des ICD 10 GM Q86.80 für Thalidomidembryopathie, innerhalb der WHO, zu beteiligen. Diesen hatten zwei Betroffene 2012 beim DIMDI Köln beantragt und ist seit 2013 weltweit gültig. Er erlaubt es Ärzten, z.B. gesundheitlich relevante Versorgungsdaten abzurufen oder Funktionseinschränkungen /neue Diagnosen, bei den Geschädigten zu erfassen.

Eine Antwort seitens der Stiftung oder der medizinischen Gutachterkomission erfolgte bis heute nicht.

Am 10.8.2013 erfolgte, durch eine der contergangeschädigten ICD Initatoren, eine dringende Warnung an die Stiftung, die Conterganbetroffenen vor verfälschten Blutdruckmesswerten, infolge fehlender oder hypolastischer Armarterien, zu warnen. Diese könnten zu mitunter lebensgefährlichen Verschreibungen von Blutdruckmitteln führen. Diese Warnung wurde an den Vorstand der Stiftung direkt weitergeleitet.
Dieser blieb untätig. Eine möglicherweise lebensrettende Warnung an die Betroffenen erfolgte nicht.

2014 erfolgte der skandalöse Aktenfund von medizinischen Unterlagen Thalidomid-Geschädigter bei der Firma Grünenthal.

Am 12.4.2018 bestätigte zudem das OLG Köln die engen Verflechtungen zwischen dem Unternehmen der Conterganstiftung.

2015/16 erfolgte eine Befundsammlung von Gefäßuntersuchungen seitens der Stiftung, die den Betroffenen als wissenschaftliche Studie dargestellt wurde. Um eine höhere Einsendung von medizinischen Befunden zu erreichen, wurde den hörgeschädigten Betroffenen eine Entschädigung in Form von abgebildeten Geldscheinen im Anschreiben suggeriert. Erst später gab die Stiftung zu, dass es sich nicht um eine Studie, sondern lediglich um eine Datenauswertung, handelte und diese noch dazu nicht verwertbar sei. Der durchführende Arzt Dr. Klein-Weigel hätte dieses eigentlich vorher wissen müssen, da er selbst bei 28 anderen wissenschaftlich- klinischen Piloterhebungen, Cohorten-Studien etc. im Rahmen seiner Oberarzttätigkeit beteiligt war.

Die eingesandten medizinischen Befunde zeigen jedoch, dass auch bei weiteren Betroffenen gleichartige Schädigungsbilder von fehlenden oder hypoplastischen Arterien vorhanden sind.

International liegen bereits Erkenntnisse über Gefäß- und Nervenschäden bei Thalodomidbetroffenen vor. In den Niederlanden sind diese Schadensbilder in einer Schädigungsskala aufgeführt, ebenso gibt es Erkenntnisse in England, Schweden und in Australien. Dort erfolgte am 31.1.2019 in Bezug auf Nervenschäden eine Anhörung in der dortigen Regierung.

Auf Nachfrage bei der Stiftung, in welcher Form diese sich internationale Erkenntnisse besorgt, bzw. sich mit dortigen Institutionen wie Kliniken oder Betroffenenverbänden in Verbindung setzt, erfolgte folgende Antwort (Schreiben vom 11.2.2019):
“ solange hierzu noch keine eigenen Ergebnisse vorliegen, die zu einem Vergleich herangezogen werden könnten, besteht kein Bedarf hinsichtlich eines Austausches mit anderen Institutionen.“

Die beim Verwaltungsgericht Klagenden haben jahrelang sorgfältige internationale, medizinische und naturwissenschaftliche Recherchen durchgeführt.
Dieselbe Quellenausgangslage besitzt auch die Gutachterkommission der Stiftung (Antwortschreiben der Stiftung liegt vor). Offensichtlich herrscht zwischen der ärztlichen Kommission einerseits und dem Vorstand der Conterganstiftung andererseits seit Jahrzehnten eine erhebliche Erkenntnislücke.

Das Verwaltungsgericht Köln/7. Kammer wird nun entscheiden müssen, inwieweit ein „hinreichend wahrscheinlicher Zusammenhang“ zwischen den bestehenden Gefäß- und Nervenschäden bei den Klägern und der Einnahme von Thalidomid durch deren Mütter besteht.

Die anti-angiogenetische Wirkweise von Thalidomid ist wissenschaftlich erwiesen, ebenso die hemmende Wirkung auf wichtige Transkriptionsfaktoren der menschlichen Zelle, die für die Fehlbildungen ebenfalls verantwortlich sind.

Die Welt darf nun auf eine wichtige gerichtliche Entscheidung gespannt sein, die international, für alle noch lebenden Thalidomidgeschädigten, wichtig ist.

Werden diese Spätschäden, auf Grundlage historischer Literatur und neuester wissenschaftlichen Erkenntnisse anerkannt werden, oder kann die Contergan Stiftung weiterhin behaupten, diese Schäden bei den Betroffenen seien doch lediglich „eine Laune der Natur“?

Im Wort wahrscheinlich steckt auf jeden Fall auch das Wort Wahrheit.
Wegen Untätigkeit, (Aufklärung und Warnung der Thalidomidgeschädigten) und Nichtunterstützung der Klagenden bzgl. der Anerkennung dieser Schadensbilder, ist das Erscheinen aller Betroffenenvertreter des Conterganstiftungsrates, seitens der Klagenden absolut, unerwünscht.

Alle Interessierten oder gleichermaßen Betroffenen sind jedoch herzlich eingeladen den Verhandlungen zu verfolgen.

 

Quelle: Opposition24.com