Wird das Notwehrrecht bei der Verhängung schulischer Ordnungsmaßnahmen in Hamburg ausgeblendet?

 

 

 

Hamburg  – Bei der Überprüfung einer wegen Beteiligung an einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen Schülern verhängten schulischen Ordnungsmaßnahme soll es nicht entscheidend darauf ankommen, ob der von der Maßnahme betroffene Schüler in Notwehr gehandelt hat. Diese schulbehördliche Praxis in Hamburg stützt sich auf eine Entscheidung des Hamburger Verwaltungsgerichts aus dem Jahre 2000 (Az.: 22 VG 4934/97). Nach Auffassung des Gerichts kann eine notwehrbezogene Sachverhaltsaufklärung unterbleiben, weil die Ordnungsmaßnahme im Wesentlichen aufgrund eines pädagogischen Werturteils getroffen werde und sich einer vollständigen Erfassung nach rein rechtlichen Kriterien entziehe.

Diese schulische Praxis ist nicht unumstritten.

So kritisiert der Hamburger Schulrechtsanwalt Dr. Kai Hentschelmann: „Die Verhängung einer Ordnungsmaßnahme setzt das Vorliegen einer Pflichtverletzung des Schülers voraus, an der es fehlt, wenn die Voraussetzungen der Notwehr im Einzelfall gemäß § 32 Strafgesetzbuch tatsächlich gegeben waren. Wenn eine in seine Rechte eingreifende Ordnungsmaßnahme gegen den Schüler verhängt wird, obwohl dieser in Notwehr gehandelt hat, wird dadurch das Notwehrrecht relativiert und ausgehöhlt.“

„Es ist widersprüchlich, eine belastende Ordnungsmaßnahme an ein schulisches Verhalten zu knüpfen, das von der Rechtsordnung ausdrücklich gebilligt wird“, so Dr. Kai Hentschelmann.

Maik Findeisen vom Parentsmagazin-Hamburg: „Die schulbehördliche Praxis zur Verhängung von schulischen Ordnungsmaßnahmen im Zusammenhang mit in Notwehr handelnden Schülern muss dringend überprüft werden.“

 

 

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