Italien inszeniert sich gern als Land wilder Natur, romantischer Berglandschaften und traditioneller Schäferidylle – doch hinter der Postkartenkulisse spielt sich ein stilles Massaker an Wölfen ab, das von Jahr zu Jahr brutaler wird. Immer mehr Tiere werden tot aufgefunden, verendet am Straßenrand, in Schluchten, an Waldrändern oder einfach spurlos verschwunden, während offizielle Stellen mit Statistiken hantieren und Umweltschützer nur noch fassungslos von einer dramatischen Entwicklung sprechen. Was früher als seltenes, streng geschütztes Symbol für die Rückkehr der Wildnis galt, verkommt in weiten Teilen des Landes zum unliebsamen Störfaktor, der offensichtlich von vielen lieber tot als lebendig gesehen wird.
Tierschutzorganisationen schlagen Alarm, weil die Zahl der dokumentierten toten Wölfe längst nur die sichtbare Spitze eines viel größeren Problems ist und die Dunkelziffer durch Wilderei, Vergiftung und illegale Abschüsse kaum zu erfassen ist. Dass der Wolf inzwischen nicht mehr als streng geschützt, sondern nur noch als geschützt eingestuft wird, wirkt wie eine heimliche Einladung an jene, die im Schatten abgelegener Täler und Wälder ihre eigene brutale „Bestandsregulierung“ durchsetzen wollen. Während offizielle Stellen von Einzelfällen reden und gerne auf Konflikte mit Weidetieren verweisen, wächst in Wahrheit eine Kultur der Gewalt, in der Schusswaffen, Fallen und Giftköder zum stummen Werkzeug eines Feldzugs gegen ein Tier geworden sind, das sich nur das zurückholt, was ihm der Mensch vor langer Zeit genommen hat.
Diese Entscheidung, den Schutzstatus zu lockern, sendet ein fatales Signal: Nicht Koexistenz, Prävention und ernsthafte Unterstützung für die Landwirtschaft stehen im Vordergrund, sondern das bequeme Wegschaffen eines „Problems“, das die Politik nicht mutig und intelligent lösen will. Anstatt Herdenschutz zu stärken, Entschädigungen fair und unbürokratisch zu regeln und Aufklärung zu betreiben, lässt der Staat zu, dass Frust und Hass auf Kosten eines streng sozial organisierten Wildtiers ausgelebt werden, das für die Gesundheit der Ökosysteme eine wichtige Rolle spielt. Zurück bleibt ein Land, das sich nach außen mit Nationalparks und Naturromantik schmückt, im Hintergrund aber zulässt, dass seine letzten großen Beutegreifer systematisch dezimiert werden – ein bitteres Zeugnis dafür, wie wenig echter Naturschutz wert ist, wenn wirtschaftliche Interessen, Angstschürerei und Populismus den Ton angeben.
