Der Fall Heptner und Bergmeir und Müller Psychiatrie bis zum Tod? Patienten in der Forensik Eingesperrt und ausgeliefert? Einrichtungen lassen Patienten im Regen stehen?

By behoerdenstress13

Screenshot (1192) Psychiatrie

Patienten in der Forensik Eingesperrt und ausgeliefert

Wer in einem Gefängnis oder einer Straftäter-Psychiatrie lebt, hat kein Recht auf freie Arztwahl. Die Haftanstalt entscheidet über medizinische Behandlungen. Nicht immer bekommen Patienten rechtzeitig einen Arzt. Mit tragischen Folgen.

Von: Eva Achinger

Stand: 07.10.2015

Seit den Justizaffären um Gustl Mollath und Ilona Haslbauer bemüht sich Bayern um Verbesserungen bei der Unterbringung psychisch kranker Straftäter. Im August 2015 ist ein Maßregelvollzugsgesetz in Kraft getreten, das den Patienten “eine hohe Qualität der Therapie, einen menschlichen Umgang und die Aussicht auf Resozialisierung” verspricht, wie Sozialministerin Emilia Müller sagte.

Werden Beschwerden nicht ernst genommen?

Zugesichert wird den Forensik-Patienten auch ein umfassender Anspruch auf medizinische Behandlung. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, möchte man meinen. Doch dem Funkstreifzug liegen Berichte vor, die einen anderen Eindruck vermitteln.

“Krebsvorsorge, zum Beispiel. Oder Patienten klagen über Darm-Beschwerden. Es tritt keine Besserung ein. Die Patienten aber werden einfach nicht zum Arzt geschickt. Da fallen dann von Klinik-Seite Argumente wie: Da müsste dann die Polizei mit. Oder: Das bildet sich der Patient nur ein. Und in vielen Fällen findet dann kein Arztbesuch statt. Oder er findet einfach viel zu spät statt, so dass die Patienten ernsthafte gesundheitliche Schäden erleiden!”

Ein Klinikseelsorger über seine Erfahrungen in bayerischen Forensiken

Werden gesundheitliche Beschwerden von Patienten nicht ernst genommen?

Irene Bergmeir litt an einer Lernbehinderung und an Schizophrenie. Sechs Jahre lang war sie in der Frauenforensik Taufkirchen untergebracht. Die übergewichtige Frau klagte gegenüber ihren Mitgefangenen und ihrer Schwester öfter über Magenprobleme. In der Nacht zum 17. Oktober 2011 starb sie an den Folgen einer Magenschleimhautentzündung. Ihre Schwester treibt seitdem die Frage um: Hat die Klinik die Beschwerden von Irene Bergmeir nicht ernst genug genommen?

“Wenn ich Schmerzen habe, dann gehe ich doch zur Magenspiegelung oder zur Darmspiegelung. Und wenn das verweigert worden ist, dann sind sie eindeutig schuld an dem Tod, oder? Unterlassene Hilfeleistung wie auch immer man das nennt.”

Erna Heptner, ihre Schwester verstarb in der Frauenforensik Taufkirchen

Ein schwerer Vorwurf, der noch nicht bewiesen ist. Eine Einsicht in die Patientenakte lehnt die Frauenforensik Taufkirchen ab. Erna Heptner müsste eine Einverständniserklärung ihrer Schwester vorlegen, verlangt die Klinik, doch die Schwester ist tot.

Patienten verlieren Recht auf freie Arztwahl

Insassen von Haftanstalten verlieren ihre Krankenversicherung

Mit dem Tag der Einweisung in eine Haftanstalt – dazu gehören auch Forensiken – verlieren die Insassen das Recht auf freie Arztwahl. Sie sind dann auch nicht mehr krankenversichert, der Freistaat kommt für medizinische Behandlungen auf. Ob ein Patient mit körperlichen Beschwerden einen Facharzt zu Gesicht bekommt, entscheidet der Klinikarzt- oder Psychiater. Im Fall von Irene Bergmeir hat keine Überweisung stattgefunden. Auf Anfrage des Funkstreifzugs bestätigt die Klinik, dass die Patientin in den Jahren vor ihrem Tod immer mal wieder Medikamente bekommen hat. Gegen Sodbrennen, gegen Durchfall, gegen Verstopfung. Aufwändigere Untersuchungen mit Ultraschall oder eine Magenspiegelung wurden nicht durchgeführt.

“Es wurde keine Indikation für eine solche Untersuchung gesehen.”

Stellungahme der Frauenforensik Taufkirchen an den Funkstreifzug

Ein weiterer Fall wird an den Funkstreifzug herangetragen.

Arzthaftungsverfahren statt Auskunft

Beate Jenkner, Betreuerin von Forensik-Patientinnen

Im Frühjahr 2013 verstirbt Mirjana Müller an multiplem Organversagen. Zwei Mal war die Frau in Taufkirchen untergebracht – der jüngste Aufenthalt ist zum Zeitpunkt ihres Todes schon vier Jahre her. Mit Blick darauf weist die Klinik jeden Zusammenhang zurück. Mirjanas Ehemann Bernhard Müller und die amtliche Betreuerin Beate Jenkner sehen dennoch eine Verantwortung der Klinik: Obwohl die Frau laut ärztlichem Attest an einer Hepatitis-C-Infektion und einer lebensbedrohlichen Leberzirrhose litt, sei sie nicht fachmedizinisch behandelt worden. Der Versuch des Ehemannes, die Behandlung gerichtlich durchzusetzen, scheiterte.

Zwar räumt die Frauenforensik Taufkirchen auf Nachfrage ein, dass die Hepatitis-C-Infektion bekannt gewesen sei, akuter Handlungsbedarf habe aber nicht bestanden.

“Ihre detaillierten Fragen zu bestimmten Medikamentengaben bzw. Therapien sind aus unserer Sicht in einem Arzthaftungsverfahren am besten zu klären.”

Stellungnahme Frauenforensik Taufkirchen

Wie sehr hat es Mirjana Müller womöglich geschadet, dass die fachklinische Behandlung von Seiten der Klinik abgelehnt wurde? Im Nachhinein ist das kaum noch zu klären.

“Einrichtungen lassen Patienten im Regen stehen”

Viele Forensiken geizen offenbar mit Auskünftigen

Beide Geschichten – die von Irene Bergmeir und die von Mirjana Müller zeigen: Transparent zu machen, wie Insassen in der Forensik medizinisch versorgt werden, ist fast unmöglich. Menschen verlieren Angehörige und von Klinikseite heißt es lapidar: Ziehen sie halt vor Gericht. Ärzte berufen sich auf ihre Schweigepflicht. Patientenakten müssen teilweise rausgeklagt werden. Strafverteidiger Thomas Saschenbrecker fasst seine Erfahrungen mit verschiedenen forensischen Kliniken so zusammen:

“Das ist das Problem, dass sich die Einrichtungen ungern in die Karten schauen lassen und die Patienten gerne im Regen stehen gelassen werden.”

Thomas Saschenbrecker, Anwalt

Unzureichende medizinische Versorgung – und das unter staatlicher Aufsicht? In einem Land, in dem jeder – auch Straftäter – ein Recht auf die Behandlung von Erkrankungen hat – kann das wirklich sein? Strafverteidiger und Jura-Professor Helmut Pollähne sagt, seine Mandanten aus der Forensik berichten ihm regelmäßig genau das.

“Ich werde nicht ernst genommen in meinen körperlichen Beschwerden – weil man glaubt, das seien entweder normale Folgen der psychischen Erkrankung oder ich würde etwas vortäuschen oder übertreiben.”

Helmut Pollähne, Rechtswissenschaftler und Strafverteidiger

Dass Menschen, die unter Haftbedingungen leben, erschwerten Zugang zu medizinischer Versorgung haben ist wohl kaum vermeidbar. In den Justizvollzugsanstalten herrscht das gleiche Problem, berichten Anwälte. Nicht hinnehmbar allerdings ist, dass sich Kranke einen Arztbesuch mit dem Anwalt erstreiten müssen.

Quelle/Link:

http://www.br.de/radio/b5-aktuell/sendungen/der-funkstreifzug/forensik-medizin-behandlung-100.html

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