Organisierte Schwarzarbeit im Gebäudereinigungsgewerbe – Sechs Festnahmen in Hessen und Rheinland-Pfalz

Bild: Symbolbild Bundespolizei - Festnahme eines Straftäters
Bild: Symbolbild Bundespolizei – Festnahme eines Straftäters

 

Die Staatsanwaltschaft Koblenz und die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main führen seit mehreren Monaten in enger Zusammenarbeit intensive Ermittlungen mit den Hauptzollämtern Gießen (Finanzkontrolle Schwarzarbeit Bad Hersfeld), Frankfurt am Main und Koblenz (Finanzkontrolle Schwarzarbeit Mainz) sowie den Steuerfahndungen in Mainz, Wiesbaden und Frankfurt.

Heute in den frühen Morgenstunden wurde im Auftrag beider Staatsanwaltschaften eine großangelegte, gemeinsame Durchsuchungs- und Festnahmeaktion gegen organisierte Schwarzarbeit im Reinigungsgewerbe durchgeführt.

Bei der Razzia mit Schwerpunkt im Rhein-Main-Gebiet waren annähernd 500 Einsatzkräfte von Zoll und Steuerfahndung im Einsatz. Dabei wurde ein mutmaßliches Netzwerk von Dienstleistungs- und Scheinfirmen zerschlagen und fünf mutmaßliche Haupttäter aufgrund bereits erwirkter Haftbefehle der Amtsgerichte Frankfurt am Main und Koblenz festgenommen. Durchsucht wurden in den heutigen Morgenstunden insgesamt 48 Wohnungen und Geschäftsräume, die schwerpunktmäßig im Rhein-Main-Gebiet (Hessen und Rheinland-Pfalz) lagen.

Im Zuge der Maßnahmen wurden darüber hinaus erhebliche Vermögenswerte gesichert. Speziell geschulte Vermögensabschöpfer des Zolls sicherten umfangreiche Vermögenswerte und pfändeten Konten und offene Forderungen für erbrachte Leistungen. Insgesamt hatten die Amtsgerichte Frankfurt/M. und Koblenz Vermögens-Arreste über mehr als 4 Millionen Euro erlassen.

Durchsucht wurden unter anderem drei Gebäudereinigungsunternehmen, gegen deren Verantwortliche der Verdacht besteht, unter Nutzung von Scheinrechnungen von insgesamt 9 sogenannter Serviceunternehmen in großem Umfang Steuern und Sozialversicherungsbei-träge hinterzogen zu haben. Die Verantwortlichen dieser Unternehmen sollen auf die von den Serviceunternehmen gestellten Rechnungen, denen keinerlei Leistungen zugrunde lagen, die entsprechenden Beträge zwar an die Servicefirmen überwiesen haben, jedoch die Beträge – nach Abzug einer Provision – wieder bar zurückerhalten haben, um ihrerseits Schwarzlöhne bzw. Teilschwarzlöhne an die von ihnen beschäftigten Reinigungskräfte zahlen können. Auch die Servicefirmen und die Wohnungen der insoweit Verantwortlichen wurden durchsucht.

Bezüglich der beiden Verantwortlichen eines der aktiven Gebäudereinigungsunternehmen im Main-Taunus-Kreis besteht der Verdacht, dass sie selbst die Gründung der Serviceunter-nehmen initiierten und diese auch faktisch leiteten, während Reinigungskräfte im Wesentlichen als Strohgeschäftsführer eingesetzt wurden.

Das Volumen der Scheinrechnungen bewegt sich nach den bisherigen Ermittlungen bei ca.10 Millionen Euro.

Die Scheinrechnungen dieser Serviceunternehmen wurden nach den bisherigen Ermittlungen auch an die Betreiber weiterer Unternehmen, davon eines im Landkreis Mainz-Bingen in Rheinland-Pfalz und ein weiteres in Frankfurt am Main, veräußert. Auch die Verantwortlichen dieser Unternehmen konnten so “Schwarzlohnzahlungen” an ihre Beschäftigten leisten.

Nachdem dies im Ursprungsverfahren offenbar wurde, wurden die Ermittlungen durch die verschiedenen Behörden in enger Abstimmung koordiniert und parallel geführt mit dem Ziel, zeitgleich die erforderlichen Maßnahmen zu vollstrecken und jegliche Reibungsverluste auch über Landesgrenzen hinaus zu vermeiden.

Die Ermittlungen in den drei seither parallel geführten Verfahren der Staatsanwaltschaften Frankfurt a.M. und Koblenz richten sich gegen insgesamt 13 Beschuldigte, wobei derzeit bezüglich der drei Unternehmen von einem Gesamtschaden von 4,6 Millionen Euro ausgegangen wird.

Die 55- und 28-jährigen türkischen Betreiber des Unternehmens im Main-Taunus-Kreis sowie zwei ihrer Helfer, beides bulgarische Staatsangehörige, wurden aufgrund bestehender Haftbefehle festgenommen und werden noch heute dem Haftrichter vorgeführt. Sie sollen einen Schaden von rund 2,7 Millionen Euro verursacht haben.

Die Ermittlungen der Bad Hersfelder Zöllner ergaben zudem Hinweise darauf, dass die Beschäftigung im Main-Taunus-Kreis ausbeuterisch erfolgte. Teilweise sollen die Reinigungskräfte nur 10 Euro Lohn pro Tag erhalten haben. Gegen einen der Verantwortlichen jenes Unternehmens wird darüber hinaus auch wegen des Verdachts des Sozialbetruges ermittelt. Dem 55-Jährigen wird vorgeworfen, über einen längeren Zeitraum Sozialleistungen bezogen zu haben, obwohl er hohe Einnahmen aus dem Reinigungsunternehmen bezogen haben dürfte.

Gegen die drei Verantwortlichen des Unternehmens im Landkreis Mainz-Bingen besteht nach den Ermittlungen des Hauptzollamts Koblenz und der Steuerfahndung Mainz der dringende Verdacht, sie hätten durch die Nutzung der Abdeckrechnungen Sozialversicherungsbeiträge und Steuern in Höhe von 1,7 Millionen EUR vorenthalten. Gegen einen der drei Beschuldigten im Alter von 42 Jahren wurde ein Haftbefehl des Amtsgerichts Koblenz vollstreckt.

Gegen zwei Geschäftsführer der Frankfurter Reinigungsfirma, die ebenfalls Rechnungen der Servicefirmen genutzt haben sollen, um Sozialabgaben und Steuern zu einzusparen und Arbeitnehmern Schwarzlöhne zu zahlen, ermittelt das Hauptzollamt Frankfurt am Main gemeinsam mit der Steuerfahndung Frankfurt am Main im Auftrag der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main. Insoweit ist bislang von einem Schaden von ca. 200.000.- Euro auszugehen. Auch die Geschäftsräume der 29 -und 39- jährigen türkischen Geschäftsführer wurden nach Beweismitteln durchsucht.

Bei den heutigen Durchsuchungen stellten die Ermittler umfangreiches Beweismaterial sicher, darunter auch Computer und Mobiltelefone, die durch Spezialkräfte des Zolls für IT-Forensik ausgewertet werden.

Bei dem Einsatz wurden auch Bargeldspürhunde des Zolls eingesetzt, die in mehreren Durchsuchungsobjekten nach verstecktem Geld suchten. 3.000 Euro Bargeld wurden sichergestellt.

Bei den Durchsuchungen fielen den Ermittlern neben einer alten Maschinengewehr-Patrone und einer Kiste mit unerlaubten Böllern (sog. “Polen-Böller”) auch ein als Taschenlampe getarnter Elektroschocker in die Hände.

Die Maßnahmen dauern noch an.

Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main